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tigen. In Wirklichkeit dient der Strafprozeß wie
der Zivilprozeß des heutigen Rechts dem einen
Lebensinteresse des Staats an der Erhaltung der
Rechtsordnung. Die K. A. zur neuen St. P. O.
suchen denn auch die für die St. P. O. bestehen-
den Ausnahmen von der Zeugnispflicht zu er-
weitern.
a) Schon das geltende Recht enthält ein Be-
weisverbot für öffentliche Beamte, welche
ohne Genehmigung der vorgesetzten Dienstbehörde
über Umstände, auf die sich ihre Pflicht zur
Amtsverschwiegenheit bezieht, nicht vernommen
werden dürfen; die Genehmigung darf nur ver-
sagt werden, wenn die Ablegung des Zeugnisses
dem Wohl des Deutschen Reichs oder eines Bun-
desstaats Nachteil bereiten würde (St. P.O. 8 53;
Z.P.O. § 376). Der Hinweis auf das Staats=
wohl hat vor manchen Mißbräuchen der Bureau-
kratie nicht geschützt, weshalb K.A. 8 46 die engere
Fassung vorschlägt: „Die Genehmigung darf nur
versagt werden, wenn die Vernehmung die Sicher-
heit des Reichs oder eines Bundesstaats oder die
ordnungsmäßige Erfüllung der Aufgaben
der Organe des Reichs oder eines Bundesstaats
gefährden würde.“ Ein weiteres Beweisverbot
zum Schutz des Wahlgeheimnisses schlägt
K.A. ## 45 a vor: „Kein Zeuge darf über Tat-
sachen gefragt werden, die darauf schließen lassen,
für wen er bei einer auf Gesetz beruhenden ge-
heimen Wahl gestimmt hat.“
b) Der geltende Strafprozeß gewährt den
Geistlichen bezüglich der ihnen bei Ausübung
der Seelsorge anvertrauten Dinge nur ein Zeugnis-
verweigerungsrecht; St. P. O. 852, Ziff. 1. Weiter
geht 3. P.O. § 383, wo nicht nur ein Zeugnis-
verweigerungsrecht gewährt, sondern auch noch
ein Beweisverbot dahin erlassen wird, daß „die
Vernehmung der Geistlichen,
Zeugnis nicht verweigert wird, auf Tatsachen
nicht zu richten ist, in Ansehung welcher erhellt,
daß ohne Verletzung der Verpflichtung zur Ver-
schwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden
kann“. Anderseits erklärt § 385 Z.P.O. das
Zeugnisverweigerungsrecht des Geistlichen für
aufgehoben, wenn der Geistliche von der Ver-
bflichtung zur Verschwiegenheit entbunden ist. In
Weiterbildung des zivilprozessualen Beweisverbots
Zeugenbeweis ufw.
auch wenn das
schlägt nunmehr der Entwurf der neuen St. P. O.
Mitteilung den Tatbestand eines Verbrechens be-
§ 47 eine auch von den K.A. angenommene Be-
stimmung vor, welche den Schutz des seelsorger-
lichen Amtsgeheimnisses, namentlich des Beicht-
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dieser ihrer Eigenschaft, sowie Rechtsanwälte
und Arzte in Ansehung desjenigen, was ihnen
bei Ausübung ihres Berufs anvertraut ist; doch
hört das Recht der Zeugnisverweigerung bei allen
diesen Personen auf, wenn sie von der Ver-
pflichtung zur Werschwiegenheit entbunden sind“;
St. P.O. S Sehr viel weiter in der Berück-
sichtigung de Schweigepflicht geht die Z.P.O.,
indem sie in § 383 für berechtigt zur Zeugnis-
verweigerung erklärt: „Personen, welchen kraft
ihres Amtes, ihres Standes oder Gewerbes Tat-
sachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch
die Natur derselben oder durch gesetzliche Vor-
schrift geboten ist, in betreff der Tatsachen, auf
welche sich die Verpflichtung zur Verschwiegenheit
bezieht“, übrigens in 8 385 hervorhebt, daß das
Recht der Zeugnisverweigerung aufhöre, wenn der
Zeuge von der Verpflichtung zur Verschwiegen-
heit entbunden ist, und sodann bezüglich der Ver-
nehmung dieser Personen ein Beweisverbot wie
für die Geistichen (vgl. unter bh festsetzt 8 383.
Abs. 3). Die K.N. 8 48 zur neuen St.P.O. er-
streben eine Verbesserung des geltenden Rechts in
der Richtung, daß sie auch die Gehilfen der
Rechtsanwälte und Arzte von der Zeugnispflicht
befreien wollen. Außerdem will schon die Re-
gierungsvorlage zur neuen St. P.O. § 49 und
mit ihr K.A. bestimmen: „Redakteure, Ver-
leger und Drucker einer periodischen Druck-
schrift, sowie die bei der technischen Her-
stellung der Druckschrift beteiligten
Personen dürfen die Auskunft über die Person
des Verfassers oder Einsenders eines Artikels straf-
baren Inhalts verweigern, wenn ein Redakteur
der Druckschrift als Täter bestraft ist oder seiner
Bestrafung kein Hindernis entgegensteht. Diese
Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der In-
halt des Artikels den Tatbestand eines Ver-
brechens begründet."“
d) K. A. 8 47a schlägt weiter für den Straf-
prozeß folgende neue Bestimmung vor: „Mit-
glieder einer deutschen gesetzgebenden Körperschaft
dürfen über Personen, von denen sie bei Aus-
übung ihres Berufs Mitteilungen erhalten haben,
oder denen sie bei Ausübung ihres Berufs Mit-
teilungen gemacht haben, sowie über solche mit-
geteilten Tatsachen die Auskunft verweigern. Diese
Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die
gründet oder ein Verbrechen zum Gegenstand hat“
(vgl. dazu Art. Abgeordneter Bd I, Sp. 29)
geheimnisses wesentlich verbessern würde; sie
lautet:
„Ein Geistlicher darf nicht über solche“
o) Im Strafprozeß sind ferner zur Verweige-
rung des Zeugnisses berechtigt: der Verlobte des
Tatsachen vernommen werden, über die er nach Beschuldigten; der Ehegatte des Beschuldigten,
Annahme des Gerichts oder nach seiner ausdrück- auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; diejenigen,
lichen Versicherung nicht aussagen kann, ohne die welche mit dem Beschuldigten in gerader Linie
ihm als Seelsorger obliegende Pflicht zur Ver= verwandt, verschwägert oder durch Adoption ver-
schwiegenheit zu verletzen.“
bunden, oder in der Seitenlinie bis zum dritten
J) Zur Verweigerung des Zeugnisses im Stras- Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad ver-
prozeß sind berechtigt „Verteidiger des Be= schwägert sind, auch wenn die Ehe, durch welche
schuldigten in Ansehung desjenigen, was ihnen in die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr be-