Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Unterhalt der Familie des Landesherrn gewidmet 
werden, das Eigentum dem Staat zu. Dagegen 
haben die Regenten von Sachsen das Familiengut 
als Patrimonialeigentum des königlichen Hauses 
in Anspruch genommen. Die Auseinandersetzungen 
der Landesherren mit den Volksvertretungen bei 
Erlaß der Verfassungen führten in Deutsch- 
land allerwärts zur Einführung der Zivillisten, 
wie sie in den Wiener Schlußprotokollen vom 
11. Juni 1834 vorgesehen waren. Zu diesem 
Zweck wurden entweder die Domänen zwischen 
Staat und Landesherrn geteilt, so daß der Landes- 
herr einen Teil als Eigentum erhielt, oder dem 
Landesherrn wurden nur die Erträge eines Teils 
der Domänen zugewiesen, oder es wurde ihm deren 
Ertrag als Geldbetrag ausgeworfen (Sachsen). 
Begriffsgemäß setzt die Zivilliste eine Verfassung 
voraus, durch welche die freie Disposition des 
Landesherrn über die Staatseinkünfte beschränkt 
ist. Daß das Kammergut mit dem Staatsgut 
hinsichtlich des Eigentums verschmolzen sei, ist 
nicht erforderlich. Charakteristisch ist für das 
deutsche System im Gegensatz zu dem englischen 
der Zusammenhang der Ausgaben für den Hof- 
halt des Landesherrn mit einem bestimmten 
Komplex von Liegenschaften, auf welche die Zivil- 
liste radiziert ist. 
In Preußen war 1820 der Bedarf für den 
Unterhalt der königlichen Familie, des königlichen 
Hofstaats und sämtlicher prinzlicher Hofstaaten, 
sowie auch für alle dahin gehörenden Institute 
auf jährlich 2 500 000 Taler festgesetzt worden. 
Diese Reglung der königlichen Revenuen ist durch 
die preußische Verfassungsurkunde bestätigt, und 
es ist die Kronfideikommißrente auf die 
Einkünfte der Domänen und Forsten in der Weise 
radiziert, daß sie von diesen Einkünften vorweg 
in Abzug gebracht und in den Staatshaushaltsetat 
nicht aufsgenommen wird. Diese Nadizierung ist 
gerechtfertigt, weil die Zivilliste einen Ersatz für 
die als Staatsgut erklärten Schatullgüter mit 
enthält, welche nicht sichergestellt sind und unter 
dem Titel Dotationen als Ausgaben im Staats- 
haushaltsetat erscheinen. Die ganze Krondotation 
kann ohne Zustimmung des Königs nicht ver- 
mindert, aber auch ohne Zustimmung des Land- 
tags nicht erhöht werden. Dieselbe ist permanent 
und nicht auf die Etatsperiode oder die Regie- 
rungsdauer des Königs bewilligt. Sie ist seit 1820 
wiederholt erhöht und beträgt jetzt 17 719 269 17, 
wozu das ursprüngliche Goldagio von 73000 JN 
und seit 1911 1,5 Mill. 3 für die königl. Theater 
treten. Als Deutscher Kaiser hat der König von 
Preußen keine Zivilliste, die kaiserliche Hoshaltung 
wird aus der preußischen Zivilliste mit bestritten. 
Der Reichsetat enthält für den Kaiser nur einen 
alljährlich zu bewilligenden Dispositionsfonds. — 
Außer dem König haben die Mitglieder des könig- 
lichen Hauses Anspruch auf standesgemäßen Unter- 
halt aus dem Kronfideikommißfsonds; dieser An- 
spruch steht ihnen aber nicht gegen den Staat, 
Zivilliste. 
  
1300 
sondern nur gegen den König zu. Diesem liegt 
die Verteilung des Fonds in der Form von Apa- 
nagen (ogl. d. Art.), Sustentationsgeldern, Witwen- 
pensionen usw. ausschließlich ob, dieselbe entzieht 
sich jeder staatlichen Kontrolle. Prinzen und 
Prinzessinnen erhalten von der Geburt bis zur 
Großjährigkeit, resp. die Prinzessinnen bis zur 
Verheiratung in ein anderes Haus Sustentations- 
gelder, die Prinzen von erlangter Volljährigkeit 
an Apanagen, deren Minimalbetrag durch den 
Geraischen Vertrag vom 11. Juni 1603 festgesetzt 
ist. Die Apanagen sind rein persönlich, also un- 
vererblich, und für vermählte Prinzen höher wie 
für unvermählte. Die Prinzessinnen erhalten bei 
ihrer Vermählung eine Aussteuer und das Geld 
für die Hochzeit. — Außer der aus der Staats- 
kasse gezahlten Kronfideikommißrente hat das 
königliche Haus noch in seinem Privateigentum 
stehende Hausfideikommißgüter, welche 
von der Hofkammer verwaltet werden, und zwar 
das von Friedrich Wilhelm I. 1733 begründete 
Hausfideikommiß und das von Friedrich Wil- 
helm III. gegründete königlich prinzliche Haus- 
fideikommiß für nachgeborene Prinzen. Verschie- 
den davon ist das freie Privateigentum des Königs, 
das aus dem besteht, was er vor seiner Thron- 
besteigung besessen und was er aus eignen Erspar- 
nissen oder auf irgend eine andere auch bei Privat- 
personen stattfindende Erwerbungsart an sich ge- 
bracht hat (A. L.-R. II, 14, 88 13. 14). Über 
dieses Vermögen kann der König sowohl unter 
Lebenden als von Todes wegen frei verfügen. Hat 
er nicht verfügt, so fällt sein Privatnachlaß nicht 
an die Intestaterben, sondern an den Thronfolger. 
In den übrigen deutschen Staaten werden die 
Apanagen, Witwengehälter, Sustentations-, Aus- 
steuer= und Hochzeitsgelder nicht aus der Zivil- 
liste, sondern nach Maßgabe der Familienstatute 
aus den Staatskassen besonders gezahlt. 
Wie in Preußen, ist in Bayern die Zivil- 
liste dauernd und nicht bloß für die Regierungs- 
zeit des jeweiligen Königs festgesetzt, und zwar 
durch die Gesetze vom 1. Juli 1834 und 29. Juli 
76 auf eine unabänderliche Rente von 
4231 044 M und eine Anzahl Gebäude. Die 
Rente ist auf die gesamten Staatsdomänen radi- 
ziert und wird in monatlichen Raten aus der 
Zentralstaatskasse entrichtet. Das Kammergut ist 
für Staatseigentum erklärt. Der Prinzregent 
bezieht seinen Unterhalt aus der Zivilliste, aus 
welcher auch alle Einrichtungen der Residenzen 
und Hofgebäude, Hofkapellen und Hofämter mit 
allen Mobilien, welche der Aufsicht der Hofstäbe 
und Hofintendanzen anvertraut und zum Bedarf 
oder zum Glanz des Hofes bestimmt sind, zu er- 
halten und zu beschaffen sind. Außerdem sind 
zurzeit für den Prinzregenten 412 857 M be- 
willigt, der Aufwand für Apanagen beträgt zur- 
zeit 730 000 M. 
In Sachsen bezieht der König als Aquivalent 
für die der Staatskasse auf die jedesmalige Dauer 
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