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zu sein schien, zu seinen Anfängen zurückwerfen.
Nur Klage, Geständnis und Anerkenntnis sind
unabänderlich.
Zur Vermeidung der in dieser Zwanglosigkeit
des Verfahrens liegenden Gefahren hat die
Prozeßordnung dem Gericht zwei Mittel gegeben:
ein weitgehendes Trennungsrecht der Prozeß-
bestandteile und die Bestrafung der Parteien durch
Auferlegung von Prozeßkosten. Das Gericht kann
vor Erlaß des Endurteils eine jede zur Entschei-
dung sich eignende Streitfrage, z. B. eine Ein-
rede, eine Replik, durch ein für die Instanz maß-
gebendes Zwischenurteil erledigen, sie dem weiteren
Streit entrücken. Das Gericht kann ferner meh-
rere in einer Klage erhobene Ansprüche zur Ver-
handlung in getrennten Prozessen voneinander
sondern: ein Prozeß, eine Frage. Ja das Gericht
kann nachträglich vorgebrachte Verteidigungsmittel
des Beklagten und nach Erlaß eines Beweis-
beschlusses benannte Beweismittel auf Antrag des
Gegners zurückweisen, wenn durch deren Zulossung
eine Prozeßverzögerung entstände und das Gericht
die Überzeugung gewinnt, daß der Beklagte in
der Absicht, den Prozeß zu verschleppen, oder aus
grober Nachlässigkeit die Verteidigungs-- oder Be-
weismittel nicht früher vorgebracht hat.
Gegen richterliche Willkür und Parteilich-
keit schützt die Parteien das Gesetz durch die Vor-
schriften über die Feststellung des Sachverhalts.
Für dessen Fixierung kommen neben den vor-
bereitenden Schriftsätzen die Sitzungsprotokolle
in Betracht. Es ist nämlich über jede mündliche
Verhandlung vor Gericht ein Protokoll aufzu-
nehmen. Dieses hat außer den Formalien die
Anerkenntnisse, Verzichtleistungen und Vergleiche
der Parteien zu enthalten, durch welche der gel-
tend gemachte Anspruch ganz oder teilweise er-
ledigt wird; ferner die Anträge und Erklärungen,
deren Feststellung in der Prozeßordnung ver-
schiedentlich vorgeschrieben ist; die Aussagen der
Zeugen und Sachverständigen, das Ergebnis
eines Augenscheins; die Entscheidungen (Urteile,
Beschlüsse und Verfügungen) des Gerichts, sofern
sie nicht dem Protokoll schriftlich beigefügt sind,
und die Verkündung der Entscheidungen. Dieses
Protokoll ist von dem Vorsitzenden und dem Ge-
Zivilprozeß.
richtschreiber zu unterschreiben; dasselbe beweist
die Beobachtung der für die mündliche Verhand-
lung vorgeschriebenen Förmlichkeiten bis zum
Nachweis der Fälschung. Dem Sitzungsprotokoll!
sind auf Antrag als Anlagen diejenigen Schriftsätze 1
der Parteien beizufügen, welche Abweichungen
von den Parteianträgen oder deren Ergänzung
betreffen, oder Geständnisse sowie die Erklärungen 1
über Annahme oder Zurückschiebung zugeschobener
Eide enthalten.
In dem Urteil hat das Gericht kraft seiner
Gerichtsgewalt namens des Staats auszusprechen, 1
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daß der Partei das streitige Recht zustehe oder
nicht zustehe, letzteres wegen Mangels der Förm-
lichkeiten oder wegen unzureichender Begründung.
Maßgebend für den Begriff des Endurteils ist,
daß die in demselben getroffene Entscheidung eine
die Tätigkeit des urteilenden Gerichts beendigende
Entscheidung ist. Das Endurteil kann unbedingt
oder von der Leistung eines vom Gericht einer der
Parteien auferlegten Eides abhängig sein; es ist
ein kontradiktorisches oder ein Versäumnisurteil, je
nachdem beide Parteien in dem Termin verhandelt
haben oder eine derselben nicht erschienen ist oder
nicht verhandelt hat.
Das lrteil zerfällt inhaltlich in die Prü-
fung der Beweise und in die Anwendung der
Rechtssätze auf die durch die Beweise festgestellten
Tatsachen. Über die Wahrheit oder Unwahrheit
einer strittigen tatsächlichen Behauptung hat das
Gericht unter Berücksichtigung des gesamten In-
halts der Verhandlungen und des Ergebnisses
einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Über-
zeugung zu entscheiden. Seiner Form nach zer-
fällt das Urteil in drei Bestandteile: die Urteils-
formel, den Tatbestand und die Entscheidungs-
gründe. Die Urteilsformel muß sich über den durch
die Klage oder Widerklage erhobenen Anspruch
aussprechen, der durch dieselbe ganz oder teilweise
zu= oder aberkannt wird. Der Tatbestand enthält
eine gedrängte Darstellung des Sach= und Streit-
standes auf der Grundlage der mündlichen Vor-
träge der Parteien unter Hervorhebung der von
denselben gestellten Anträge. Er ist ein urkund-
liches, von den Parteien anerkanntes Zeugnis des
Richters über das mündliche Parteivorbringen.
Wegen dieser Bedeutung des Tatbestands ist eine
Berichtigung desselben durch die Parteien binnen
kurzer Frist im Berichtigungsverfahren vorgesehen.
In den Gründen sind die Tatsachen und Rechts-
anschauungen auseinanderzusetzen, welche für die
richterliche Uberzeugung und Entscheidung maß-
gebend waren. Wie alle auf Grund einer münd-
lichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse des
Gerichts müssen auch die Urteile verkündet werden,
um ins Leben zu treten. Die Verkündung erfolgt
in dem Termin zur mündlichen Verhandlung durch
Verlesung der Urteilsformel. Bis zur Verkündung
kann das erkennende Gericht sein Urteil abändern,
mit der Verkündung wird dasselbe für dieses Ge-
richt unabänderlich.
Gegen alle gerichtlichen Entscheidungen, mit
Ausnahme der Zwischenurteile und Beweis-
beschlüsse, sind den Parteien ordentliche Rechts-
mittel gegeben, mit deren Hilfe eine Abände-
rung dieser Entscheidungen durch das nächsthöhere
Gericht herbeigeführt werden kann; und zwar
gegen Beschlüsse des Gerichts und Verfügungen
des Vorsitzenden desselben die Beschwerde, gegen
Endurteile die Berufung und die Revision. Doch
was bezüglich des Streitgegenstands unter den sind diese Rechtsmittel den Parteien nur so lange
Parteien Rechtens ist und sein soll. Den Inhalt gegeben, als die Entscheidungen noch nicht die
des Urteils bildet der Ausspruch des Gerichts, Rechtskraft beschrillen haben. Damit scheiden aus