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dem Grad der gewerblichen Umarbeitung usw.
verschieden hoch besieuert; man spricht dann vom
Staffel= oder Gradationstarif (bzw. von Staffel-
oder Gradationszöllen).
Wenn, im Gegensatz zu Einheitszöllen,
gegenüber verschiedenen Staaten ungleichmäßige
Zollsätze zur Anwendung gelangen, dann spricht
man von Differentialzöllen (1Unterschei-
dungszöllen). Es sind das Mittel zum Ausbau
eines Schutzzollsystems oder zur Erleichterung
bzw. Erschwerung des Handelsverkehrs mit be-
stimmten Staaten. Die Differentialzölle sind ent-
weder Minderungen (Vorzugszölle) oder Zu-
schläge zu den normalen Zollsätzen; so können z. B.
von direkt aus dem Erzeugungsland eingeführten
Waren niedrigere Zollsätze erhoben werden als
von den aus andern Ländern eingeführten Waren.
Auch nach der Art der Einfuhr, ob zu Land oder
zu Wasser, nach der Flagge des Schiffes usw.
können Zollunterschiede gemacht werden. Eine
besondere Art der Differenzzölle sind die Kampf-
jölle (Retorsionszölle), die zum Nachteil eines
bestimmten Staats eingeführt werden, und zwar
als Akt der Wiedervergeltung, wenn dieser durch
zollpolitische oder sonstige wirtschaftspolitische Maß-
nahmen die Interessen des eignen Landes schwer
schädigt. Die Möglichkeit der Einführung solcher
Zollzuschläge im Weg der Verordnung sieht die
moderne Zollgesetzgebung allgemein vor (ogl.
Sp. 1353). Bestehen zwischen zwei Staaten
solche Kampfzölle, dann heißt dieser Zustand
Zollkrieg. Ein solcher bestand z. B. 1903/10
zwischen Deutschland und Kanada. Dieses hatte
dem Mutterland England im Jahr 1900 eine
Zollvergünstigung von 33 ½/ %% bewilligt. Deutsch-
land verlangte auf Grund seines Meistbegünsti-
gungsvertrags nun auch diesen Vorzugstarif für
sich. Als Kanada dies ablehnte, wandte Deutsch-
land auf Waren von dort seinen Generaltarif an,
worauf Kanada die deutsche Einfuhr mit einem
Zollzuschlag von ½ über seinen Generaltarif
belegte. Erst durch das beiderseitig Zugeständnisse
machende Abkommen vom 16. Febr. 1910 endete
dieser Zollkrieg.
Bei der Ausfuhr inländischer Erzeugnisse (z. B.
Branntwein, Tabak usw.), die einer Verbrauchs-
steuer unterliegen, kann im Interesse des Wett-
bewerbs des inländischen Gewerbes auf dem Welt-
markt eine Rückvergütung der gezahlten
Verbrauchssteuer stattfinden, ebenso ist vielfach
eine Zollrückvergütung (ein Rückzoll) zulässig
bei der Wiederausfuhr aus dem Ausland ein-
geführter Waren, auch dann, wenn diese Waren
im Inland einer Umarbeitung unterworfen wur-
den, wenn an Stelle des eingeführten Rohstoffs
(z. B. rohe Baumwolle) oder Halbfabrikats (z. B.
Baumwollengarn) fertige Waren (z. B. Baum-
wollenunterkleider) in das Ausland abgeführt
werden. Das deutsche Zollrecht kennt die Rückver-
gütung von einmal gezahlten Zöllen als allge-
meine Einrichtung nicht (nur bei Kakaowaren).
Zollwesen.
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es ist vielmehr durch die Bestimmungen über
Transitlager, fortlaufende Konten der Groß-
handlungen (Zollkredit) und über den Verede-
lungsverkehr ermöglicht, Waren ohne Zollent-
richtung ins Inland zu bringen mit der Wirkung,
daß die nachgewiesene Wiederausfuhr den staat-
lichen Zollanspruch beseitigt. Die Rückvergütung
des Zolls findet in der Regel auch nur dann statt,
wenn die Identität der ausgeführten Ware mit
der eingeführten nachgewiesen wird. In Deutsch-
land wird vom Nachweis der Identität nur bei
Getreide und Mühlenfabrikaten abgesehen (vol.
Sp. 1349). — Von den Rückvergütungen scharf
zu trennen sind die Ausfuhrprämien, ob-
gleich diese sich vielfach aus ersteren entwickelt
haben. Die Ausfuhrprämien sind staatliche Unter-
stützungen zur Erleichterung der Ausfuhr gewisser
Waren; das Inland soll, da die Produktion über
den Bedarf hinausgeht, entlastet, die Konkurrenz
im Ausland erleichtert werden. Man unterschei-
det zwischen versteckten (indirekten) und offenen
(direkten) Ausfuhrprämien. Die ersteren entstehen
aus den Rückvergütungen, wenn nicht genau fest-
zustellen ist, wieviel Zoll bzw. Steuer tatsächlich
in der auszuführenden Ware steckt. Es ist das
gewöhnlich der Fall, wenn fertige Waren (Fabri-
kate) ausgeführt werden (z. B. Zucker), der Ein-
fuhrzoll bzw. die Verbrauchssteuer aber von Roh-
stoff erhoben wird (z. B. von der Zuckerrübe).
Eine solche versteckte Prämie wird dann oft, im
Interesse des betreffenden Industriezweiges, bei-
behalten, auch wenn sie als solche erkannt ist, oder
es tritt an ihre Stelle eine offene Prämie, d
eine feststehende Summe bei der Ausfuhr einer
bestimmten Menge einer Ware. Eine versteckte
Prämie bestand in Deutschland lange Jahre zu-
gunsten der einheimischen Rübenzuckerindustrie.
Als 1891 an Stelle der Material-(Rüben-steuer
die Fabrikatsteuer trat, wurde gleichzeitig eine
offene Prämie für die Zuckerausfuhr geschaffen.
Mit dem Inkrafttreten der Brüsseler Zuckerkon-
vention (1903) wurde diese Prämie jedoch be-
seitigt. Eine mit der Branntweinausfuhr ver-
steckte Prämie fiel 1909, als die Material= und
Maeischraumsteuer beseitigt wurde. — In neuester
Zeit sind auch nichtstaatliche Ausfuhrprämien ent-
standen, indem vielfach Kartelle an ihre Mit-
glieder, welche den Innenmarkt durch Ausfuhr
entlasten, Prämien zahlen und sich durch hohe
Preise im Inland schadlos halten.
Jeder Zoll bildet eine staatliche Einnahme-
quelle, ganz gleich ob er nur zu Steuerzwecken
geschaffen ist (Finanzzoll), oder ob politische,
wirtschaftliche oder soziale Zwecke mit ihm ver-
bunden sind (Schutzzoll). Eigentlicher Steuer-
zoll ist jedoch nur der Finanzzoll, er ergänzt ent-
weder die innere Verbrauchsbesteuerung oder er
wird von Waren erhoben, welche im Inland nicht
erzeugt werden, er zählt deshalb zu den Auf-
wandsteuern. Beim Schutzzoll ist das finanzielle
Erträgnis nicht das Wesentliche. Der Schutzzoll