Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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sicht stehenden öffentlichen Niederlagen (Transit- 
lager), in denen Waren bis zu ihrer weiteren 
Bestimmung unverzollt gelagert, verpackt und ver- 
arbeitet werden können. Es gibt „allgemeine 
Niederlagen“ (Packhöfse, Hallen, Lagerhäuser, 
Freihäfen, d. h. Häfen oder Seeplätze, die den 
Schiffen aller Nationen freien Verkehr und den 
ein= oder ausgeführten Waren Zollfreiheit ge- 
währen und hiervon nur ganz geringe Abgaben 
erheben) und „beschränkte Niederlagen“, in denen 
die Lagerfrist regelmäßig sechs Monate nicht über- 
steigen darf, und endlich „freie Niederlagen“ 
(Freilager), d. h. solche, die zollgesetzlich als Aus- 
land behandelt werden. Für die „Privattransit= 
lager“, d. h. Lager, deren Waren zugleich oder 
ausschließlich zum Absatz nach dem Ausland be- 
stimmt sind, gelten, falls sie unter amtlichem Mit- 
verschluß stehen, die betreffenden Bestimmungen 
des Vereinszollgesetzes (§§ 97 ff und Gesetz vom 
18. April 1889). Hausiergewerbe einschließlich 
der Wanderlager dürfen im Grenzbezirk nur mit 
besonderer Erlaubnis und unter den von der 
obersten Landesbehörde zum Zweck des Zoll- 
schutzes angeordneten Beschränkungen betrieben 
werden. Diese Erlaubnis wird für gewisse Gegen- 
stände (z. B. geistige Getränke) überhaupt nicht 
erteilt. Bei Versendung der im freien Verkehr 
stehenden Gegenstände aus dem Zollgebiet durch 
das Ausland nach einem andern Teil des Zoll- 
gebiets (Aus= und Wiedereinfuht) wird 
dem Ausgangszollamt oder einem zu dieser Ab- 
fertigung befugten Amt im Innern eine Deklara- 
tion vorgelegt, worin Art und Menge der zu ver- 
sendenden Waren und deren Bestimmungsort 
angegeben wird. Es tritt dann der Regel nach 
der amtliche Verschluß ein. Zur Erleichterung des 
Besuchs auswärtiger Märkte und Messen 
kann die zollfreie Rückbringung der unverkauft 
gebliebenen Waren zugelassen werden. Ebenso 
wird fremden Gewerbetreibenden, die inländische 
Märkte und Messen besuchen, von ihren unver- 
kauften Waren Erlaß des Eingangszolls bei der 
Wiederausfuhr gewährt. Vom Eingangszoll freige- 
lassen werden können ferner inländische Erzeugnisse 
oder Fabrikate, die zum Kommissionsverkauf, 
zur Ansicht, zu öffentlichen Ausstellungen 
oder zum vorübergehenden Gebrauch nach dem 
Ausland gesandt wurden und von dort zurück- 
kommen, falls kein Zweifel an der Identität der 
Waren besteht. Zollfrei ist ferner der sog. Ver- 
edlungsverkehr. Es können demnach Gegen- 
stände, welche zur Verarbeitung, zur Vervollkomm= 
nung oder Reparatur mit der Bestimmung zur 
Wiederausfuhr eingehen, wenn diese in bestimmter 
Frist erfolgt, vom Eingangszoll befreit werden. 
Diese Befreiung kann auch eintreten, wenn Gegen- 
stände zu einem der genannten Zwecke nach dem 
Ausland gehen und in vervollkommnetem Zustand 
zurückkommen. Ein zollfreier Veredlungsverkehr 
ohne Identitätsnachweis besteht für Mühlenpro- 
dukte (ugl. Sp. 1342). Besondere Erleichterungen 
Zollwesen. 
  
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nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse können 
auch auf den kleinen Grenzverkehr angeordnet 
werden. Diese zwischen zwei angrenzenden Staaten 
vereinbarten Erleichterungen fallen nicht unter die 
Meistbegünstigungsklausel. Wer im Grenzbezirk 
des deutschen Zollgebiets Waren transportiert, 
die nach den von der obersten Landesbehörde ge- 
troffenen Bestimmungen einer Transportkontrolle 
innerhalb des Grenzgebiets unterliegen, muß sich 
durch einen sog. Legitimationsschein, d. h. eine auf 
seinen Namen lautende, von der zuständigen Zoll- 
behörde ausgestellte Bescheinigung darüber aus- 
weisen, daß er zum Transport der betreffenden 
Waren innerhalb einer bestimmten Frist und auf 
den vorgeschriebenen Wegen befugt ist. Wird dieser 
Transportvorweis ausnahmsweise von einer Orts- 
behörde oder einer hierzu für geeignet befundenen 
Privatperson ausgefertigt, so heißt er „Versen- 
dungsschein“. Beim Eingang aus dem Ausland 
in der Richtung von der Grenze nach der Zoll- 
stätte (Maut) ist auf der Zollstraße ein Trans- 
portausweis nicht nötig. Von der Zollstelle bis 
zur Binnenlinie haben sich die Transporteure 
durch die bei ersterer erhaltenen amtlichen Aus- 
weise („Bezettelung") zu legitimieren. Für ge- 
wisse Waren, z. B. rohe Erzeugnisse des Bodens 
und der Viehzucht eines inländischen Landguts, 
für den Transport auf den öffentlichen Eisen- 
bahnen, aus dem Binnenland in den Grenzbezirk, 
für den Gütertransport mit den Posten usw. be- 
steht allgemeine Befreiung von der Legitimations- 
pflicht im Grenzbezirk. Besteht gegen jemand ge- 
gründeter Verdacht, daß er sich einer Übertretung 
der Zollgesetze schuldig gemacht oder zu einer solchen 
mitgewirkt hat, so ist Haussuchung durch Zoll- 
bedienstete unter Leitung eines vorgesetzten Zoll- 
beamten zulässig. Flüchten sich auf der Tat betrof- 
fene, von den Zollbediensteten verfolgte Schleich= 
händler in Häuser, Scheunen usw., so müssen 
solche Räume den Zollbediensteten jederzeit auf 
Verlangen sofort geöffnet werden. Haussuchungen 
außerhalb des Grenzbezirks können nur von der 
betreffenden zuständigen Behörde oder von dem 
zuständigen Einzelrichter angeordnet und unter 
seiner Leitung vorgenommen werden. Auch körper- 
liche Untersuchungen von Personen, die Waren 
unter ihren Kleidern verborgen zu haben verdächtig 
sind und der Aufforderung, sich dieser Gegenstände 
freiwillig zu entäußern, nicht sogleich nachkommen, 
sind statthaft. Wollen sie jedoch diese Untersuchung 
nicht bei der nächsten Zollstelle vornehmen lassen, 
so sind sie dem nächsten Einzelrichter vorzuführen. 
Die Zollämter sind entweder Haupt= oder 
Nebenzollämter, letztere wieder solche I. oder 
II. Klasse. Bei den Hauptzollämtern ist jede Zoll- 
entrichtung und jede gesetzlich vorgeschriebene Ab- 
fertigung bei der Ein-, Aus= und Durchfuhr zu- 
lässig. Die Nebenzollämter I. Klasse sind nur zur 
Abfertigung der auf Eisenbahnen mit Ladungs- 
verzeichnis eingehenden oder der nach der Stück- 
zahl zu verzollenden Gegenstände in unbeschränkter 
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