Metadata: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Weise befugt. Über die Nebenzollämter II. Klasse 
können Waren, welche nicht höher als mit 30 M 
für 100 kg belegt sind oder welche nach der Stück- 
zahl oder nach dem Wert zu verzollen sind, in 
Mengen eingeführt werden, von welchen die Ge- 
fälle 75 M nicht übersteigen. Der Eingang von 
höher belegten Gegenständen ist nur in Mengen 
bis zu 25 kg zulässig; Vieh kann dagegen unbe- 
schränkt eingehen. Keinerlei Beschränkung besteht 
dagegen auch für die Nebenzollämter beider Klassen 
bezüglich der Abfertigung der mit der Post ein- 
gehenden Gegenstände. Die Abfertigung der Rei- 
senden, welche keine zum Handel bestimmte Waren 
mit sich führen, bei den Grenzzollämtern muß zu 
jeder Zeit ohne Ausnahme, also auch außerhalb 
der Dienststunden, geschehen. 
Auch das Zollstrafgesetzbuch bildet einen 
Teil des Vereinszollgesetzes. Das Verfahren richtet 
sich nach den Vorschriften der allgemeinen Straf- 
prozeßordnung. Das Gesetz kennt zwei Zollver- 
gehen: Konterbande und Defraudation. Die 
Konterbande, d. h. die gesetzwidrige Ein= oder 
Durchfuhr von Gegenständen, deren Ein= oder 
Durchfuhr verboten ist, wird mit Einziehung 
(Konfiskation) der betreffenden Gegenstände, und 
falls nicht besondere Gesetze höhere Strafen an- 
drohen, mit einer dem doppelten Wert dieser 
Gegenstände gleichkommenden, mindestens aber 
30 M betragenden Geldstrafe geahndet. Die 
Hinterziehung (Defraudation) der Ein= oder Aus- 
gangsabgaben wird ebenfalls mit Einziehung der 
bezüglichen Gegenstände und einer dem vierfachen 
Betrag der vorenthaltenen Abgaben gleichkommen- 
den Geldbuße unter gleichzeitiger Einhebung dieser 
Abgaben bestraft. Im Rückfall erhöhen sich die 
Strafen um das Doppelte, und bei wiederholtem 
Rückfall tritt Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren 
ein. Bedeutend höhere Strafen treten ein, wenn 
Konterbande oder Defraudation durch drei oder 
mehrere Personen in Verabredung (Bandeh), unter 
Mitführung von Waffen usw. erfolgt. Handels- 
und Gewerbetreibende haften für die von ihren 
Lehrlingen, Gehilfen, Ehegatten, Kindern, 
Dienstboten usw., Eisenbahnverwaltungen und 
Dampfschiffahrtsgesellschaften für die von ihren 
Angestellten oder Bevollmächtigten verübten Zoll- 
gesetzübertretungen. Unbekanntheit mit den zoll- 
gesetzlichen Bestimmungen gereicht auch nicht Aus- 
ländern zur Entschuldigung. UÜbertretungen der 
Konterbande und Defraudation verjähren in drei 
Jahren, Ordnungswidrigkeiten in einem Jahr 
vom Tag der Verübung an, Ansprüche auf Nach- 
zahlung defraudierter Gefälle in fünf Jahren. 
Geldstrafen und Konfiskationen fallen in die Kassen 
der Einzelstaaten. 
Schon im deutschen Zollverein war die Zoll- 
gemeinschaft aus geschäftlichen und praktischen 
Gründen zugleich eine Gemeinschaft der wichtigsten 
Verbrauchssteuern. Bestehen nämlich inner- 
halb eines Zollgebiets verschiedene Verbrauchs- 
steuergemeinschaften, so bilden sich von neuem Zoll- 
Zollwesen. 
  
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grenzen innerhalb eines Zollgebiets, da ja Gegen- 
stände, welche im Zollinland einer Verbrauchssteuer 
unterliegen, mit einem Zoll belegt werden müssen, 
falls sie aus dem Zollausland kommen. Auch die 
Reichsverfassung machte darum die Verbrauchs- 
steuern (indirekte Steuern) ebenso wie die Zölle zur 
Reichssache. Eine Ausnahme besteht nur insofern, 
als Bayern, Württemberg, Baden und Elsaß- 
Lothringen die Biersteuer (Brausteuer) als Landes- 
steuer erheben, also hinsichtlich des Biers nicht zur 
deutschen Reichsverbrauchssteuergemeinschaft ge- 
hören. (Jeder dieser Staaten zahlt jedoch an das 
Reich eine den Reichseinnahmen aus der Nord- 
deutschen Brausteuergemeinschaft entsprechende, auf 
den Kopf der Bevölkerung berechnete Ausgleichs- 
abgabe.) Es bestehen demgemäß für die Biersteuer 
im Reichsgebiet fünf Verbrauchssteuergruppen, 
deren jede ihr eignes Steuersystem hat und dem- 
gemäß bei der Einfuhr von Bier aus einer andern 
Gruppe im Widerspruch mit der sonstigen Be- 
seitigung aller Binnenzölle solche unter der Be- 
zeichnung Uübergangsabgaben nach Maß- 
gabe der in dem betreffenden Steuergebiet zur 
Erhebung gelangenden Biersteuer erhebt. 
Der deutsche Zolltarif vom 25. Dez. 1902, 
in Kraft seit 1. März 1906, besteht aus dem All- 
gemeinen Tarif und dem auf Grund der Handels- 
verträge mit den verschiedenen Staaten zustande 
gekommenen Vertragstarif. Er ist durchaus syste- 
matisch angelegt und zerfällt in 19 Abschnitte, die 
nach wirtschaftspolitischen Erwägungen gebildet 
sind, und in 946 einzelne Positionen. Zum 
schnellen Zurechtfinden ist ihm ein alphabetisch ge- 
ordnetes amtliches Warenverzeichnis beigegeben. 
Die Zölle sind in der Regel nach 100 kg be- 
messen. Die Verzollung erfolgt nach dem Rein- 
(Netto-)gewicht, ausnahmsweise nach dem Roh- 
(Brutto-)gewicht oder nach Stücken (Vieh) oder 
Maßen (Holz). Von der Verzollung befreit sind 
a) die mit der Post eingehenden Warensendungen 
von 250 g Rohgewicht oder weniger, bh die der 
Gewichtsverzollung unterliegenden Waren in 
Mengen unter 50 g. Im übrigen bestimmt der 
Bundesrat, inwieweit bei der Gewichtsermittlung 
Bruchteile eines Kilogramms unberücksichtigt blei- 
ben dürfen. 
Zollfrei bleiben u. a. gebrauchte Kleidungs- 
stücke und Wäsche, die nicht zum Verkauf oder zur 
gewerblichen Verwendung eingehen, gebrauchte 
Gegenstände von Umziehenden zur eignen Be- 
nutzung, auf besondere Erlaubnis auch als Aus- 
stattungsgegenstände oder Hochzeitsgeschenke ein- 
gehende neue Sachen; Gebrauchsgegenstände aller 
Art, auch neue, welche Reisende, Fuhrleute, Schif- 
ser usw. auf der Reise mit sich führen, oder die zu 
diesem Zweck vorausgeschickt oder nachgesendet 
werden; die von Reisenden zum eignen Verbrauch 
eingeführten Verzehrungsgegenstände; Musterkar- 
ten und Muster in Abschnitten oder Proben, mit 
Ausschluß der Proben von Nahrungs= und Ge- 
nußmitteln, indessen einschließlich der mit der Post
	        
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