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Ehrenzweikampf (Duell) ist folgendes vor Augen
zu halten: Beim Ordalzweikampf ging nach dem
Gesagten der Beschuldigte in fälschlichem Vertrauen
auf Gott, der ihm den Sieg verschaffen werde,
den Kampf mit seinem Ankläger ein; der Zwei-
kampf fand innerhalb der gerichtlichen Schranken
auf immerhin gesetzmäßige Weise statt und mit
dem Kampf war die Sache noch nicht beendet, es
wurde vielmehr durch ihn erst entschieden, wen die
Strafe treffen solle, und diese dann vollzogen; der
gerichtliche Zweikampf wurde endlich wohl ver-
einzelt auch wegen einer Ehrenbeleidigung als zu-
lässig erklärt, er fand jedoch im großen und ganzen
wegen anderer Streitigkeiten statt. — Das Kampf-
ordal erhielt sich seit den ersten Jahrzehnten des
6. Jahrh., wo der Zweikampf als gerichtliches
Beweismittel durch den Burgunderkönig Gundo-
bald (la loi Gombette) zuerst gesetzlich festgelegt
wurde, bis in das 15. Jahrh. Man entschuldigte
ihn vielfach damit, daß die Beschuldigten, zum
Beweis ihrer Unschuld zum Eid zugelassen, häufig
der Versuchung unterlägen, einen Meineid zu
leisten. Bei der Schwierigkeit, in damaliger Zeit
einen Beweis vor Gericht zu führen, bei ihrer ur-
wüchsigen Kampfeslust und naiv-religiösen Auf-
fassung erklärt es sich, daß auch kirchliche Kreise
von dem Vorurteil befangen waren. Bischöfe und
Provinzialkonzile haben sich zugunsten des Kampf-=
ordals ausgesprochen. Geläuterte Geister nahmen
aber innerhalb der Kirche von jeher Stellung da-
gegen. So sprach schon das Provinzialkonzil von
Valence (855) eine entschiedene Verurteilung aus,
und vor ihm lebte einer der wackersten Bekämpfer
dieses „Gottesurteils“, Erzbischof Agobard von
Lyon (7 840), der sich seinerseits auf Vorgänger,
namentlich auf Avitus von Vienne (1 518), be-
rief, so daß sich der kirchliche Widerstand gegen
den gerichtlichen Zweikampf bis zur Zeit seines
ersten Auftretens nachweisen läßt. In ihrer be-
rufenen Vertretung hat sich die katholische Kirche
niemals dafür ausgesprochen. Schon 867 ver-
urteilte Papst Nikolaus I. dieses Ordal als „eine
Versuchung Gottes“ und im Jahr 1215 erließ
das vierte allgemeine Konzil im Lateran (Ka-
non 18) ein Verbot, das es als Erneuerung eines
früher ergangenen hinstellte. Den fortgesetzten
Bemühungen der Kirche im Verein mit der christ-
lichen Monarchie (besonders Verordnungen Lud-
wigs des Heiligen in Frankreich) gelang die all-
mähliche Beseitigung des Zweikampfs aus dem
Gerichtsverfahren.
5. Von den gerichtlichen kommen wir zu den
Zweikämpfen, welche auf private Verabredung der
Beteiligten hin noch heute stattfinden, zum Duell.
Das Duell, oder wie es in dem Sprachgebrauch
des heutigen Strafrechts einfach heißt, der Zwei-
kampf ist ein im voraus vereinbarter, gewissen
hergebrachten Regeln entsprechender Kampf mit
tödlichen Waffen, den zwei Personen in der Ab-
sicht unternehmen, eine zwischen ihnen vorgefallene
Ehrenkränkung wiedergutzumachen. Es ist auf
Zweikampf.
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den ersten Blick ersichtlich, daß ein Zweikampf, der
zum Zweck, die Ehre wiederherzustellen, veran-
staltet wird, aller Vernunft widerspricht und darum
sittlich verwerflich ist. Die Ehre, gewiß eines der
kostbarsten und auch für das praktische Leben not-
wendigsten Güter, ist nichts anderes als die Gel-
tung des einzelnen, die seiner menschlichen Würde
und seiner besondern Stellung oder Tüchtigkeit
entspricht, bei den Mitmenschen, die gute Meinung
bei den andern und zunächst in dem Kreis, in dem
jeder lebt. Wird sie durch einen erhobenen Vor-
wurf beeinträchtigt, so kann sie nur dadurch
wiederhergestellt werden, daß der Vorwurf ent-
weder durch einen Widerruf von seiten des Urhe-
bers oder durch eine Feststellung von maßgebender
Seite, und zwar in dem Kreis, in dem er verbreitet
wurde, widerlegt wird. Hat aber nur eine Herab-
setzung oder Verunglimpfung ohne bestimmten
Vorwurf stattgefunden, so kann sie durch Abbitte
des Schuldigen oder durch seine Bestrafung und
das Eintreten für die unverletzte Ehre des Be-
leidigten von einer Seite, welche für den betreffen-
den gesellschaftlichen Kreis maßgebend ist, auf-
gehoben werden. Mit dem Gesagten ist, wie gleich
bemerkt sei, die Bedeutung des Ausspruchs eines
Ehrengerichts, dessen Mitglieder dem betreffenden
Standes= oder Gesellschaftskreis entnommen wur-
den, oder die einer gerichtlichen Bestrasung oder
Feststellung in Ehrenstreiligkeiten klargelegt. Außer
den bisher erwähnten kommen als Veranlassungen
der Duelle noch die Verletzungen der sog. Familien-
ehre in Betracht (Verführung, unziemliche An-
näherung an ein weibliches Familienmitglied).
Allein diese scheiden aus dem Begriff wirklicher
Ehrenfragen aus, weil die Ehre, der gute Ruf,
des davon indirekt Betroffenen gar nicht in Fraoge
gestellt erscheint; da ein Duell auch sonst zur Lö-
sung der heiklen Angelegenheit nicht das geringste
beizutragen vermag, bedeutet es in solchem Fall
nichts anderes als einen Ausfluß ohnmächtiger
Rache über den Verlust eines besonders kostbaren
Guts, der vom Standpunkt der Vernunft und des
Sittengesetzes unbedingt abzulehnen ist. Alle diese
Gründe gegen das Duell würden gelten, auch
wenn es in jedem Fall sicher wäre, daß der Be-
leidigte aus dem Waffengang als Sieger hervor-
gehen und der Beleidiger unterliegen müsse; die
Sitte ist aber noch widersinniger, weil der Aus-
gang von der Rechisfrage ganz unabhängig ist
und der größeren Geschicklichkeit, ja großenteils
dem reinen Zufall überlassen bleibt. Folgerichtig
wird beim Duell nach dem Ausgang des Kampfs
nicht mehr gefragt und ist die Ehrenangelegenheit
für die in Frage kommenden Gesellschaftskreise
durch die Talsache eines bloßen Kugelwechsels oder
Klingenkreuzens erledigt, mag auch der unschuldige
Teil zu der erlittenen Ehrenkränkung noch eine
Verwundung oder Argeres davon getragen haben.
Man versucht darum, das Duell durch den Hin-
weis zu rechtfertigen, daß der Beleidiger für sein
Tun einzustehen und wenigstens seinen Mannes-