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im Zug befindlichen Umarbeit des Strafgesetzes
durch mildere, aber ausführbare ersetzt werden, so
daß z. B. die Strafe für die Herausforderung
oder ihre Annahme Gesängnis oder Haft von einer
Woche bis zu einem Jahr in eventueller Verbin-
dung mit einer Geldstrafe bis zu 10 000 K und
die Strafe für den Zweikampf ohne schwerere Be-
dingungen Gefängnis oder Hast von zwei Wochen
bis zu zwei Jahren in eventueller Verbindung
mit einer Geldstrafse bis zu 20 000 K betragen
soll. Auch hier wird somit eine zu milde Be-
handlung des Zweikampfdelikts vorgeschlagen.
Im Gegensatz zu den kirchlichen Bestimmungen,
nach welchen die beim Duell beteiligten ürzte
als strafbar gelten, soweit die von ihnen in Aus-
sicht gestellte Hilfe die Kämpfenden in ihrer Ab-
sicht bestärkt, gehen Arzte in den neueren staat-
lichen Strafgesetzen ohne Strafe aus, nur das
spanische enthält einen Anklang an jene, indem es
die Straflosigkeit auf den Fall beschränkl, daß der
Arzt nicht Kampfregeln festgesetzt noch zur Fort-
setzung des Kampfs ermuntert hat. Die Straf-
gesetze der meisten Länder folgen somit dem
Grundsatz, daß der Tatbestand des Zweikampfes
durch besondere Strafbestimmungen zu treffen ist.
Von duellgegnerischer Seite wurde dagegen viel-
fach Stellung genommen, weil in solchen Sonder-
bestimmungen eine Privilegierung des Duells zu
erblicken sei, und verlangt, daß die im Zweikampf
vorkommenden Körperbeschädigungen und Tö-
tungen nach den allgemeinen diesbezüglichen Be-
stimmungen bestraft würden. Dabei wurde aber
übersehen, daß von diesem Standpunkt aus es
nicht möglich ist, die Herausforderung als solche,
und kaum möglich, das unblutige Duell einer Be-
strafung zuzuführen. Die in Frankreich gemachten
Erfahrungen zeigen, daß beim Schweigen des
Gesetzes über das Duell nicht bloß die eben er-
wähnten Tatbestände straflos bleiben, sondern
auch bei Tötung oder Verletzung im Duell die
Geschwornen sich scheuten, die allgemeinrechtlichen
schwereren Strasen auf Duellanten anzuwenden,
und es zu gänzlichen Freisprüchen kam. Nach
ähnlichen Erfahrungen schritt man in Spanien,
wo das Strasgesetz von 1822 den Zweikampf
ebenfalls nicht erwähnt hatte, im Jahr 1870 zur
Aufnahme von Sonderbestimmungen. Auf Nor-
wegen oder etwa England kann man sich nicht be-
rufen, da der Zweikampf dort keine Rolle spielt.
In den Ländern, wo für die Angehörigen des
Heeres eine eigne Gerichtsbarkeit besteht, nament-
lich in Deutschland und Osterreich-Ungarn, ent-
halten in Übereinstimmung mit den bürgerlichen
Strafgesetzbüchern auch die Militärstrafgesetze
Strafbestimmungen gegen das Duell. Das sog.
amerikanische Duell, bei welchem das Los darüber
entscheidet, welcher der beiden Streitenden gehalten
ist, sich in bestimmter Zeit selbst zu köten, qualifi-
ziert sich als Anreizung zum Selbstmord, so daß
eine gesetzliche Bestrafung mit Recht gefordert
wird. Wichtiger ist die strafrechtliche Behandlung
Zweikampf.
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der studentischen Mensur, welche, da die direkte
Absicht auf Zufügung eines körperlichen Schadens
gerichtet ist, nicht als bloßer Sport gedeutet wer-
den kann und vielmehr als unberechtigte Körper-
beschädigung und Schule des Duells erscheint.
Seit der Entscheidung der vereinigten Strassenate
des deutschen Reichsgerichts vom 6. März 1883
wird die Mensur als Zweikampf bestraft. Er-
scheint dies zu streng, weil der studentischen Waffe
durch die getroffenen Schutzmaßregeln die Eigen-
schaft einer tödlichen Waffe genommen ist, und soll
die Mensur nicht nach den allgemeinen Bestim-
mungen über körperliche Mißhandlung behandelt
werden, so erübrigt nur der Ausweg, sie nach der
Anologie des Duells mit einer, wenn auch ge-
ringeren Strafe zu bedrohen. Ihre ausdrückliche
Strafloserklärung bei den im Zug befindlichen
strafrechtlichen Resormen würde einen Sieg des
Duellgedankens bedeuten.
Hat somit die staatliche Autorität in ziemlich
allgemeiner Ubereinstimmung an der seit Jahr-
hunderten überlieferten, den religiösen, katholischen
wie protestantischen, Grundsätzen allein entspre-
chenden gesetzlichen Bestrafung des Zweikampfs
festgehalten, so ist diese Haltung seit einigen Jahr-
zehnten einigermaßen ins Schwanken geraten. Es
geschah dies durch das Walten einer staatlichen
Einrichtung, welche ihrem ersten Gedanken nach
zu gütlicher Beilegung der Ehrenstreitigkeiten und
zur Bekämpfung des Duells berufen war, in ihrer
Weiterentwicklung aber zu einer Systematisierung
der Duellsitte geführt hat. Der unter dem preußi-
schen König Friedrich II. im Jahr 1785 erschienene
Entwurf zum preußischen Landrecht schlug neben
strenger Bestrafung des Duells für Ehrenstreitig=
keiten allgemein Ehrengerichte von Standesge-
nossen, Militär= wie Zivilpersonen, vor. Der Ge-
danke wurde jedoch unter Friedrich Wilhelm II.
infolge militärischer Bedenken fallen gelassen. Im
Zusammenhang mit diesen Bestrebungen steht wohl
der denkwürdige bayrische Regierungsentwurf über
die Errichtung von Ehrengerichten, der im Jahr
1827 in den dortigen Kammern leider nicht zur
Annahme gelangte. Statt dessen erfolgte zunächst
in Preußen die Einführung von Ehrengerichten
mit der Beschränkung auf die Offiziere der Armee.
Bis dahin waren die Offiziersduelle einzelne Er-
scheinungen für sich, mehr freiwillige und immerhin
strafbare Handlungen, mit welchen dem in mehr
unbestimmter Weise vorhandenen Vorurteile der
Tribut entrichtet wurde; seitdem aber die militäri-
schen Ehrengerichte begannen, über der Austragung
der Ehrenaffären durch einen Waffengang als
einer Pflicht des Offiziers zu wachen, wurde der
Zweikampf zu einem Prinzip, zu einer Zwangs-
einrichtung erhoben, der sich ein Offizier nur unter
Verlust seiner Stellung und seiner Existenz ent-
ziehen kann. Es ist richtig, daß nach den geltenden
Verordnungen die Duelle nicht durch Entschei-
dungen der Ehrengerichte förmlich aufgetragen
werden, allein ihre Unterlassung wird durch ehren-