Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Beitritt nicht ausgeschlossen oder schlechter gestellt 
werden. Über die Zulassung eines Vereins als 
„Ersatzkasse“ entscheidet die höhere Verwaltungs- 
behörde, geht sein Bezirk über einen Bundesstaat 
hinaus, das Reichsversicherungsamt. Für Ver- 
sicherungspflichtige, die Mitglieder einer Ersatzkasse 
sind, ruhen auf ihren Antrag die Rechte und 
Pflichten als Mitglieder der Krankenkasse, sie sind 
weder wählbar noch wahlberechtigt. Besteht der 
Mitgliederkreis einer Ersatzkasse überwiegend aus 
Versicherten, die berufsmäßig ihren Beschäfti- 
gungsort häufig wechseln, so können auf Antrag 
½½ der Krankenkassenbeiträge der Arbeitgeber an 
die Ersatzkasse abgeführt werden. Der Bundesrat 
kann weitere Bestimmungen treffen. 
Gemeindeverband im Sinn dieses Buchs ist 
derjenige, dessen Bezirk den Kassenbezirk bildet 
oder als nächstgrößerer Verband umfaßt. Geht 
die Kasse nicht über den Gemeindebezirk hinaus, 
so kann die Gemeinde statt des Verbands für zu- 
ständig erklärt werden. Überschreitet eine Kasse 
den Bezirk eines Versicherungsamts, so ist das 
Amt ihres Sitzes zuständig. 
Die Strafvorschriften der Versicherungs- 
ordnung richten sich hinsichtlich der Versicherten 
gegen den ÜUbertritt der Krankenordnung, der 
ärztlichen Anordnungen und gegen unterlassene 
Meldungen. Arbeitgeber sind strafbar wegen unter- 
lassener Meldungen, Nichteinreichung der vor- 
geschriebenen Listen, Abzug zu hoher Beiträge, 
vorsätzlicher Nichtablieferung eingezogener Bei- 
träge u. dgl. Die Strafen sind Geldstrafen bis 
zu 3000 M. Haft= oder Gefängnisstrafen und 
Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Der Arbeit- 
geber darf seine Pflichten auf Angestellte über- 
tragen. 
III. Buch. Anfallversicherung. a) Ge- 
werbeunfallversicherung. Der Versiche- 
rung unterliegen: 1) Bergwerke, Salinen, Auf- 
bereitungsanstalten, Steinbrüche, Gräbereien; 
2) Fabriken, Werften, Hüttenwerke, Apotheken, 
gewerbliche Brauereien und Gerbereibetriebe; 
3) Bauhöfe, Gewerbebetriebe, in denen Bau-, 
Dekorateur-, Steinhauer-, Schlosser-, Schmiede- 
oder Brunnenarbeiten ausgeführt werden, ferner 
Steinzerkleinerungsbetriebe sowie Bauarbeiten 
außerhalb eines gewerbsmäßigen Baubetriebs; 
4) das Schornsteinfeger-, Fensterputzer-, Flei- 
schergewerbe und die Badeanstaltsbetriebe; 5) der 
Betrieb der Eisenbahnen, der Post und Tele- 
graphie, die Betriebe der Marine und des Heeres; 
6) die Binnenschiffahrts-, Flößerei-, Prahm= und 
Fährbetriebe, das Schiffziehen, die Binnenfischerei, 
Fischzucht, Teichwirtschaft und Eisgewinnung, 
wenn sie gewerbsmäßig betrieben oder vom Reich, 
Staat, Gemeinde oder andern öffentlichen Körper- 
schaften verwaltet werden, die Baggerei und das 
Halten von Fahrzeugen auf Binnengewässern; 
7) die gewerbsmäßigen Fuhrwerks-, Speditions-, 
Fahrbetriebe, die Reittier= und Stallhaltungs- 
betriebe, das Halten von andern als Wasserfahr- 
Sozialversicherung. 
  
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zeugen, wenn sie durch elementare oder tierische 
Kraft bewegt werden, und das Halten von Reit- 
tieren; 8) die gewerbsmäßigen Speicher-, Lagerei- 
und Kellereibetriebe; 9) der Gewerbebetrieb der 
Güterpacker und -lader, Schaffer, Bracker, Wäger, 
Messer, Schauer und Stauer; 10) die Personen- 
und Güterbeförderung, die kaufmännische Be- 
handlung und Handhabung der Ware (nicht im 
Kleinbetrieb), ebenso Holzfällungsbetriebe. Die 
Kleinbetriebe bestimmt das Reichsversicherungs- 
amt. Als Fabrik gelten die Betriebe zur gewerbs- 
mäßigen Be= oder Verarbeitung von Gegenständen 
durch mindestens regelmäßig 10 Arbeiter, die ge- 
werbsmäßige Erzeugung, Be= oder Verarbeitung 
von Sprengstoffen oder explodierenden Gegenstän- 
den, oder von elektrischer Kraft und deren Weiter- 
geben, die nicht bloß vorübergehende Verwendung 
von Dampfkesseln und von durch elementare oder 
tierische Kraft bewegten Triebwerken. Das Reichs- 
versicherungsamt bestimmt, was sonst noch als 
Fabrik anzusehen ist. Wesentliche Bestandteile und 
Nebenbetriebe der vorbezeichneten Betriebe sind 
mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Neben- 
betriebe und der der Seeunfallversicherung unter- 
liegenden Betriebe, die wesentliche Bestandteile 
der gewerblich versicherten Betriebe sind und über 
den örtlichen Verkehr hinausgehen oder die Neben- 
betriebe sind, mit den gewerblichen Betrieben mit- 
versichert. Die Satzung kann auch landwirtschaft- 
liche Betriebe, die Nebenbetriebe sind, der ge- 
werblichen Unfallversicherung unterstellen, wenn in 
ihnen überwiegend Personen aus dem Haupt- 
betrieb tätig sind. Auf Antrag entscheidet bei 
Streit der Bundesrat. — Mehrere Betriebe eines 
Unternehmers im Bezirk eines Oberversicherungs- 
amts können einer Berufsgenossenschaft überwiesen 
werden. Betriebe ohne besondere Unfallgefahr 
kann der Bundesrat für versicherungsfrei erklären. 
Versichert sind gegen Unfälle beim Betrieb 
Arbeiter, Gehilfen, Gesellen, Lehrlinge und Be- 
triebsbeamte bis zu 5000 M Jahresarbeitsver- 
dienst. Verbotswidriges Handeln schließt die 
Annahme eines Betriebsunfalls nicht aus. Häus- 
liche und andere Dienste für den Arbeitgeber sind 
bei hauptsächlich im Betrieb Beschäftigten mit- 
versichert. Der Bundesrat kann die Versicherung 
auf bestimmte gewerbliche Krankheiten ausdehnen. 
Die Satzung kann Betriebsunternehmer und deren 
im Betrieb tätigen Ehegatten bis 3000 M Jahres- 
arbeitsverdienst oder solche mit höchstens zwei regel- 
mäßig versicherungspflichtig Beschäftigten ver- 
sichern. Diese Personen können sich auch selbst 
versichern. Ferner kann die Satzung die Ver- 
sicherungspflicht auch erstrecken auf Hausgewerbe- 
treibende ohne Rücksicht auf die Zahl ihrer Be- 
schäftigten und Betriebsbeamte bis zu 5000 M 
Arbeitsverdienst. Durch die Satzung können auch 
andere Personen, die auf die Betriebsstätten kom- 
men, versichert werden. Versicherungsfrei 
sind Militärpersonen, für die das Offizierpen- 
sions-, das Mannschaftsversorgungs= oder das
	        
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