Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Genossenschaften angehören. Ist dem Reich oder 
andern öffentlichen Verbänden Schleppschiffahrt 
u. dgl. vorbehalten, so gehört diese den Berufs- 
genossenschaften an. Gemeinden und andere 
öffentliche Körperschaften können insbesondere für 
eigne Bauarbeiten als Versicherungsträger für 
leistungsfähig erklärt werden. Bauarbeiten, die 
andere Unternehmer nicht gewerbsmäßig aus- 
führen, werden auf ihre oder auf Kosten der Ge- 
meinden durch besondere Zweiganstalten ber- 
sichert, die den Baugewerksberufsgenossenschaften 
und der Tiefbauberussgenossenschaft angegliedert 
sind. Die Zweiganstalten für das nichtgewerbs- 
mäßige Halten von Reittieren oder Fahrzeugen 
werden den Fuhrwerks= und den Binnenschiffahrts- 
berufsgenossenschaften angegliedert. Der Bundes- 
rat kann die Zweiganstalten oder Teile von ihnen 
andern Berufsgenossenschaften angliedern. Er kann 
an Stelle der Zweiganstalten Versicherungsgenossen- 
schaften als selbständige Versicherungsträger er- 
richten. Die Berufsgenossenschaften umfassen alle 
Betriebe der Gewerbszweige, für die sie errichtet 
sind, für das Gebiet des Reichs oder örtliche Be- 
zirke. Wesentliche Bestandteile eines Betriebs ver- 
schiedener Gewerbszweige folgen dem Hauptbetrieb. 
Binnenschiffahrts= und Flößereibetriebe nur, wenn 
sie nicht über den örtlichen Verkehr hinausgreifen. 
Unternehmer eines Betriebs ist derjenige, 
für dessen Rechnung der Betrieb geht, bei nicht- 
gewerbsmäßigen Baubetrieben der, für dessen 
Rechnung sie gehen, bei nichtgewerbsmäßigem 
Halten von Reittieren und Fahrzeugen, wer das 
Reittier oder Fahrzeug hält. Berufsgenossenschaf- 
ten können mit Genehmigung des Bundesrats sich 
ganz oder teilweise vereinigen oder Gewerbszweige 
und Gebietsteile austauschen. Sie können bei 
Leistungsunfähigkeit aufgelöst werden. Der Bun- 
desrat kann auch neue Genossenschaften errichten. 
Mitglieder der Berufsgenossenschaft sind die Unter- 
nehmer der zu ihr gehörenden Betriebe. Die Mit- 
gliedschaft beginnt mit der Eröffnung des Betriebs 
oder mit seiner Versicherungspflicht. Der Unter- 
nehmer hat den Betrieb innerhalb einer Woche 
nach der Übernahme oder Eröffnung beim Ver- 
sicherungsamt anzumelden, das ihn der Be- 
rufsgenossenschaft überweist. Diese führt die Be- 
triebsverzeichnisse. Wird die Aufnahme 
in das Verzeichnis und damit die Mitgliedschaft 
abgelehnt, so entscheidet auf Beschwerde das Ober- 
versicherungsamt und letztinstanzlich das Reichs- 
(Landes)versicherungsamt. Der Unternehmer hat 
auch den Wechsel in der Person des Unternehmers 
und Betriebsänderungen, die für die Versiche- 
rungspflichtigkeit des Betriebs oder für seine Zu- 
gehörigkeit zur Berufsgenossenschaft wichtig sind, 
anzumelden. Die Uberweisung an eine andere 
Berufsgenossenschaft kann beantragt werden oder 
von Amts wegen erfolgen. Die Beschwerde geht 
an die vorstehend bezeichneten Instanzen. 
Die Berufsgenossenschaft regelt ihre innere Ver- 
waltung und ihre Geschäftsordnung durch eine 
Sozialversicherung. 
  
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Satzung, welche die Genossenschaftsversamm- 
lung beschließt. Das Gesetz schreibt vor, was die 
Satzung enthalten muß und enthalten darf. Sie 
kann insbesondere bestimmen, daß die Genossen- 
versammlung aus Vertretern zusammengesetzt wird, 
daß die Genossenschaft in örtliche Seklionen ein- 
geteilt wird und daß als örtliche Organe beson- 
dere Vertrauensmänner eingesetzt werden. Die 
Satzung und ihre Anderung bedarf der Genehmi- 
gung des Reichsversicherungsamts. Wird sie ver- 
sagt, so entscheidet auf Beschwerde der Bundesrat. 
Nach endgültiger Versagung erläßt das Reichs- 
versicherungsamt die Satzung und führt sie auf 
Kosten der Genossenschaft durch. 
Als Organ der Genossenschaft verwaltet der 
Vorstand die Geschäfte, soweit Gesetz oder 
Satzung nichts anderes bestimmen. Die Genos- 
senschaftsversammlung als oberstes Or- 
gan wählt die Vorstandsmitglieder, ändert die 
Satzung, prüft und nimmt die Jahresrechnung 
ab und setzt die Entschädigung der Mitglieder der 
Organe fest. Zu Mitgliedern der Organe sind die 
Mitglieder der Genossenschaft und die ihnen gleich- 
gestellten Personen (Betriebsleiter usw.) wählbar. 
Die Mitglieder können sich in den Versammlungen 
vertreten. Wählbar in den Vorstand sind auch Mit- 
glieder einer Innung oder des Aussichtsrats einer 
der Genossenschaft angehörigen Aktien= oder Kom- 
manditgesellschaft auf Aktien oder Gesellschaft mit 
beschränkter Haftung, die mindestens 5 Jahre 
Unternehmer oder bevollmächtigter Betriebsleiter 
eines der Genossenschaft angehörigen Betriebs ge- 
wesen sind (vgl. ob. Abschn. „Aufbau der Wahlen“). 
— Kommt die Wahl der gesetzlichen Organe nicht 
zustande, oder weigern sie sich, ihre Geschäfte zu 
führen, so führt das Reichsversicherungsamt durch 
Beauftragte die Geschäfte auf Kosten der Ge- 
nossenschaft. Die Anstellungs= und Rechtsverhält- 
nisse der Angestellten hat die Dienstordnung 
angemessen zu regeln. Sie kann auch die Ver- 
hältnisse der auf Probe, zur Vorbereitung, vor- 
übergehend oder nebenher Angenommenen regeln. 
Die Anstellung erfolgt durch schriftlichen Vertrag. 
Die Kündigung darf den Angestellten nicht schlech- 
ter stellen, als er ohne Vereinbarung nach dem 
bürgerlichen Recht stehen würde. Sie darf bei 
kündbar Angestellten nur aus einem wichtigen 
Grund erfolgen. Streitigkeiten aus dem Dienst- 
verhältnis der Angestellten, die der Dienstordnung 
unterstehen, entscheidet auf Beschwerde das Reichs- 
versicherungsamt bei Kündigung, Entlassung, 
Geldstrafe über 20 M und vermögensrechtlichen 
Ansprüchen. Bei vermögensrechtlichen Ansprüchen 
ist der Rechtsweg zulässig, vorher hat das Reichs- 
versicherungsamt zu entscheiden. Die Gerichte sind 
an die Entscheidung des Reichsversicherungsamts 
darüber gebunden, ob mit Recht gekündigt worden 
ist. Die Genossenschaftsversammlung hat durch 
einen Gefahrentarif Gefahrenklassen nach 
dem Grad der Unfallgefahr für die Betriebe zu 
bilden und danach die Höhe der Beiträge abzu-
	        
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