Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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schaft verauslagt hat, sind als deren schwebende 
Schuld zu behandeln, mit 3½/½, % zu verzinsen 
und mit 3½ % zuzüglich der ersparten Zinsen zu 
tilgen. ⅛8 der Beträge trägt das Reich, / haben 
die Genossenschaften im Juli jeden Jahrs mit 
dem sälligen Postvorschußbetrag an die Post ab- 
zuführen. Befriedigen diese die Ansprüche der 
Post nicht rechtzeitig, so leitet das Reichsversiche- 
rungsamt auf Antrag die Zwangsbeitreibung ein. 
Bei den Zweiganstalten der Baugewerks- 
berufsgenossenschaften und der Tiesbauberufs- 
genossenschaft dürfen außer den bei nichtgewerbs- 
mäßigen Bauarbeiten beschäftigten Personen nur 
die selbstversicherten Unternehmer solcher Bauarbei- 
ten versichert werden. Diesen Zweiganstalten wer- 
den außerdem die Eisenbahn-, Kanal-, Wege, 
Strom-, Deich= und andere Bauarbeiten zuge- 
wiesen, die ein Unternehmer nichtgewerbsmäßiger 
Bauarbeiten ausführt, und bei denen für die ein- 
zelne Arbeit nicht mehr als sechs Tage tatsächlich 
verwendet werden. Die Organe der Genossenschaft 
verwalten auch die Zweiganstalt auf deren Kosten 
mit besondern für die Zweiganstalt anzusammeln- 
den Rücklagen getrennt von der genossenschaftlichen 
Verwaltung auf Grund einer Nebensatzung. Das 
übrige Vermögen der Zweiganstalt, die keine eigne 
Rechtsfähigkeit besitzt, darf mit Genehmigung des 
Reichsversicherungsamts für die Genossenschaft 
verwendet werden, die erforderlichenfalls für die 
Verwaltung der Zweiganstalt Vorschusse zu leisten 
hat. Die Nebensatzung bedarf der Genehmigung 
des Reichsversicherungsamts. Längere Bauarbeiten 
über sechs Arbeitstage werden auf Kosten des 
Unternehmers gegen feste im voraus bestimmte 
Prämien, kurze Bauarbeiten auf Kosten der Ge- 
meinden versichert. Die Unternehmer längerer 
Bauarbeiten haben der dafür bestimmten Behörde 
monatlich einen Nachweis der verwendeten Ar- 
beitstage und des dafür gewährten Arbeitsentgelts 
einzureichen, die ihn der Genossenschaft weitergibt. 
Den Prämientarif setzt das Reichsversiche- 
rungsamt mindestens alle 5 Jahre fest. Der 
Prämientarif muß ergeben, welcher Einheitssatz 
an Prämien für jede angefangene halbe Mark des 
anrechnungsfähigen Entgelts zu entrichten ist. Das 
Reichsversicherungsamt veröffentlicht den Prämien- 
tarif. Die Gemeinden erhalten Auszüge aus der 
Heberolle und ziehen die Prämien von den Unter- 
nehmern ein. Gegen die Prämienberechnung ist 
der Einspruch und darauf Beschwerde zulässig. Die 
Mittel zur Versicherung der kurzen, höchstens sechs 
Tage währenden Bauarbeiten werden jährlich auf 
die beteiligten Gemeinden nach Verhältnis der 
Volkszahl umgelegt und von ihnen wie Gemeinde- 
abgaben aufgebracht. Bei der Zweiganstalt einer 
Berufsgenossenschaft gewerbsmäßiger Fuhrwerks- 
oder Binnenschiffahrtsbetriebe sind auf Kosten der 
Unternehmer gegen Prämien nach dem Prämien- 
tarif die Personen versichert, die bei nichtgewerbs- 
mäßigem Halten von Reittieren oder Fahrzeugen 
beschäftigt sind, und die selbstversicherten Unter- 
Sozialversicherung. 
  
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nehmer solcher Tätigkeiten. Der Bundesrat kann 
an Stelle dieser Zweiganstalten Versicherungs- 
genossenschaften als selbständige Versicherungs- 
lräger errichten. Im übrigen gelten für den 
Prämientarif die Bestimmungen bei den Zweig- 
anstalten für Bauarbeiten entsprechend. Die Ge- 
nossenschaften können eine Versicherung der Unter- 
nehmer gegen Haftpflicht und Rentenzuschuß= und 
Ruhegehaltskassen für Betriebsbeamte, Genossen- 
schaftsmitglieder, Versicherte und ihre Angebörigen 
einrichten sowie Arbeitsgelegenheiten für Unfall- 
verletzte beschaffen. 
Die Genossenschaften sind zum Erlaß von Un- 
fallverhütungsvorschriften verpflichtet. 
Beim Beschluß dieser Vorschriften, die der Ge- 
nehmigung des Reichsversicherungsamts bedürfen, 
sind die Vertreter der Versicherten stimmberechtigt. 
Die Vorschriften müssen Bestimmungen treffen 
über die Einrichtungen und Anordnungen, welche 
die Mitglieder zur Verhütung von Unfällen in 
ihren Betrieben zu treffen haben, und über das 
Verhalten der Versicherten zur Verhütung von 
Unfällen. Die Vorschriften müssen bestimmen, wie 
sie bekannt zu machen sind. Sind mehr als 25 Ar- 
beiter in einem Betrieb beschäftigt, die gemeinsam 
eine andere Muttersprache sprechen, so sind ihnen 
die Vorschriften und die diese ersetzenden berg- 
polizeilichen Verordnungen in dieser bekannt zu 
machen. 
Die Geldstrafen wegen Verstoßes gegen die 
Vorschriften setzt gegen Unternehmer der Vorstand 
der Genossenschaft, gegen Versicherte das Ver- 
sicherungsamt fest. Unfallverhütungsvorschriften 
der Landesbehörden sind den Berufsgenossenschaf- 
ten vorher zur Begutachtung zu unterbreiten. Die 
Genossenschaften haben die Durchführung der Un- 
fallverhütungsvorschriften zu überwachen und haben 
dazu technische Aufsichtsbeamte anzustellen. Sie 
können behufs Prüfung der Lohnnachweise die 
Geschäftsbücher und Listen der Mitglieder einsehen. 
Der genossenschaftliche Aufsichtsbeamte darf zur 
Verhütung von Unfällen wissentlich nichts gegen 
Anordnungen der staatlichen Beamten bestimmen, 
sondern hat der Genossenschaft zu berichten, die 
die staatliche Behörde anrufen kann. Entsprechende 
Mitteilungspflicht haben die staatlichen Aussichts- 
beamten. Die Mitglieder der Genossenschafts- 
organe, ihre technischen Aufsichts= und Rechnungs- 
beamten werden auf Geschäftsverschwiegenheit durch 
das Versicherungsamt vereidigt. Auch für die 
Zweiganstalten sind Unfallverhütungsvorschriften 
zu erlassen. Ist das Reich, ein Bundesstaat oder 
Gemeinden Versicherungsträger, so werden die 
Rechte und Pflichten der Genossenschaften durch 
Ausführungsbehörden wahrgenommen. 
Der Unternehmer und sein Vertreter haftet 
gegenüber Verletzten und Hinterbliebenen nur, 
wenn strafgerichtlich feststeht, daß er den Unfall 
vorsätzlich herbeigeführt hat, und zwar nur soweit, 
als die Verbindlichkeit nicht durch die Unfallent- 
schädigung gedeckt ist. Gegenüber Genossenschaften,
	        
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