Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Billigkeit von dem ihnen gebührenden Platz in der Hierarchie der 
Motive herab, aber sie haben naturgemäß in ihre Rechte zurückzutreten, 
sobald die Waffen ruhen. Das Kriegsunrecht wiegt schwerer, wenn es 
bestehen bleibt, nachdem Krieg und Kriegsnotwendigkeit vorüber sind. 
Die Waffenstillstandsopfer erheben vor Gott und den Menschen eine 
noch furchtbarere Anklage als die Opfer des Krieges.“ 
Unsere ehemaligen Feinde geben uns heute deutlich zu verstehen, daß wir 
ihnen mit dem Kampf lästig fallen, den wir gegen unsere Verfemung 
führen. „Proprium ingenüthumani est odisse qduem laeseris."“ (Es ist 
eine Eigentümlichkeit des Menschengeistes, zu hassen, wen man verletzt hat.) 
Ich fürchte, wir müssen so lange lästig fallen, bis der Versailler Friede 
revidiert ist, der sich auf der Schuldlüge aufbaut — gegen sie sollte das 
deutsche Volk sich in gemeinsamer Front zur Wehr setzen. Es erfüllt mich 
mit Betrübnis und Bitterkeit, daß die Sozialdemokraten aus dieser Front 
ausgebrochen sind, in der sie während des Krieges so wacker gestritten haben. 
Fast will es scheinen, als wollten gewisse Kreise lieber ganz Deutschland 
vor der Geschichte schuldig sein lassen, als daß sie das alte Regime ent- 
lasten. Es ist beschämend, daß wir als Wahrheit anerkennen müssen, was 
E. D. Morel kurz vor seinem Tode geschrieben hat: 
„Eine Gruppe der deutschen Linken scheint es für gut zu halten, das 
unwiderlegliche Forschungsergebnis: die Verantwortung für den Krieg 
muß geteilt werden, zu ignorieren oder zu bestreiten aus Besorgnis, die 
Anerkennung dieser Wahrheit könnte die Anklage gegen das alte Regime 
abschwächen 
„Was kann schließlich für ein Vorteil für die deutsche Linke dabei 
herausspringen, wenn sie durch Reden oder Schweigen der Vergangen- 
beit gegenüber eine Haltung einnimmt, die darauf hinausläuft, die Re- 
gierung des Zaren von ihrer Hauptschuld am Kriege reinzuwaschen?“ 
1 E. D. Morel: Das Gift, das zerstört. Frankfurt a. M. S. 18. 
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