„4. Die Sozialdemokraten arbeiten an einer Ablehnung des Helfferich-
schen Etats mit Chance.
„Zusammenfassend sagte Haußmann: Ich finde eine unerwartete Kon-
fliktstimmung vor. Gleich in unserer ersten Sitzung haben wir beschlossen,
uns die Antwort des Kanzlers vorlegen zu lassen, die er dem Papst zu
geben gedenkt.“
„Frage: „Würden Sie derartige demütigende Zumutungen auch an
den von Ihnen gewünschten Kanzler stellen?“
„Antwort: „Nein, zu dem haben wir Vertrauen.“
„Hier liegt der Kern der Situation: die Majorität empfindet diesen
Kanzler als einen Minoritätskanzler, fühlt sich hierdurch gedemütigt und
sucht dieses Ohnmachtsgefühl nun selber durch demütigende Zumutungen
loszuwerden.
„Solche Zumutungen führen in the long run zu einer Stärkung des
Parlaments auf Kosten der Reichsleitung und der Krone.
„Daß dieses Ministerium ein Provisorium ist, wird mit jeder Stunde
stärker empfunden. Viel hängt von der heutigen Anterredung der Ma-
joritätsführer mit dem Kanzler ab.“
Anmittelbar darauf folgte ein ergänzender Bericht:
Den 22. August 1917.
„Eurer Großherzoglichen Hoheit beehre ich mich, in aller Eile die
folgende Mitteilung zu machen, daß heute mit unerhörter dramatischer
Kraft die Kanzlerkrisis ausgebrochen ist.
„Er erklärte plötzlich im Hauptausschuß, er hätte den Mehrheits-
vertretern ja immer gesagt, daß er nicht auf dem Boden der Mehrheits-
resolution stände — worauf der Sturm losbrach, zur höhnischen Freude
der sozialistischen Minderheit. Schließlich wurde etwas zu Protokoll
gegeben, das darauf binauslief, daß der Kanzler unrichtige Angaben
gemacht habe — der Kanzler sagte dann etwas, das einer Revozierung
seiner vormittäglichen Bemerkungen gleichkam.“
Der Brief schloß mit einer Mitteilung, die mich erschreckte und empörte:
Politische Persönlichkeiten trügen sich mit der Absicht, Michaelis den Rück-
tritt nahezulegen und ihn zu bitten, mich als seinen Nachfolger vorzu-
schlagen. Ich schickte ein sehr grobes Telegramm nach Berlin, das die
gewünschte Wirkung tat. Mir war der Gedanke unerträglich, daß die Hoff-
nung auf meine Kanzlerschaft verschärfend auf die Lage wirken sollte.
Die Krisis wurde von Michaelis noch einmal beschworen. Am Nach-
mittag des 22. August, an dem er erneut entgleist war, hatte Haußmann
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