Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

sein Rat gehört werden oder nicht. Nur so konnte die Kriegspartei 
in Rußland der Friedenspartei Herr werden. 
„Das englische Volk wußte nicht, daß es gebunden war. Rußland 
und Frankreich aber wußten es. 
„Die Pose der überfallenen Unschuld können die französischen und 
englischen Regierungen heute nach dem Such omlinow-Prozeß! nur 
noch mit Mühe vor ihren eigenen Völkern aufrechterhalten. Aber 
nach drei Kriegsjahren nimmt der Präsident der Vereinigten 
Staaten noch einmal die Legende vom unprovozierten Angriff wieder 
aus, ja er ruft noch einmal all die abgestorbenen Schlachtrufe der Entente 
von 1914 zusammen und proklamiert einen Kreuzzug gegen den Frie- 
densstörer Deutschland im Namen der Menschlichkeit, der Freiheit und 
der Rechte der kleinen Nationen. 
„Das sind große Namen, und wir dürfen uns darüber nicht täuschen: 
Sie wenden sich an den Idealismus von Millionen. 
„Auch hier halte ich es für richtig, daß wir nicht einfach unserer 
Neigung folgen und unter dieser großen Anklage stillehalten, im Ver- 
trauen auf das Lrteil der Nachwelt. 
„Ich stelle die Frage: Hat der Dräsident der Vereinigten 
Staaten ein Recht, als Weltenrichter aufzutreten? 
„Präsident Wilson hat kein Recht, im Namen der Menschlichkeit zu 
kämpfen. Denn er hat geduldet, daß sich ein großer Teil der amerikani- 
schen Friedensindustrie in Werkstätten des Todes verwandelte, zu einer 
Zeit, wo Amerika mit Deutschland noch im Frieden war. Er hat dieses 
formale Recht, unseren Feinden Munition zu liefern, 
peinlich gewahrt, während er Amerikas Menschenrecht, 
unsere Nichtkombattanten, besonders die Schwachen und 
Kranken, zu versorgen, kampflos preisgab. Dräsident 
Wilson hat ferner den übernommenen Schutz unserer 
Kriegsgefangenen in Nußland lässig und herzlos ver- 
walten lassen.3 Anter dem alten Regime sind in Rußland unsere 
1 VBgl. W. A. Suchomlinow, Erinnerungen, Berlin 1924. 
2 Ansprache an den Kongreß vom 4. Dezember 1917. 
2 Bgl. Brändström, a. a. O., S. 5: „Die persönliche Antipathie des da- 
maligen amerikanischen Botschafters in Petersburg gegen die Deutschen beeinflußte 
die amerikanische Hilfsarbeit. Durch das große Ansehen, das ein Botschafter der 
Vereinigten Staaten genießt, wäre es ihm möglich gewesen, die russische Regierung 
von Anfang an zu einer Behandlung der Gefangenen nach allgemeinen Rechts- 
begriffen zu bewegen. Leider verhielt der Botschafter sich völlig passiv, 
und das wirkte natürlich auf seine Untergebenen. Es gab unter ihnen manche, wie 
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