Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Menschenliebe, die jedes Menschenfreundes Bewunderung hervorrufen 
müßte: „Die Russen haben sich geweigert, um der eigenen Sicherheit 
willen andere im Stich zu lassen.“ — Wenn er dann weiter die Abtren- 
nung russischer Gebiete ablehnte, ohne mit einem Worte der in ihrer 
neuen Freiheit bedrohten Balten, Litauer und Finnen zu gedenken, so 
stand das im Einklang mit seiner Taubheit „gegenüber den Hilferufen 
der russischen Fremdvölker“, die ich ihm schon in meiner Rede vom 
14. Dezember 1917 vorgeworfen hatte. 
Die an Rußlands Adresse gerichteten Schmeicheleien sind nicht mit 
ethnographischer und geographischer Ahnungslosigkeit zu entschuldigen. 
Wilson versuchte noch einmal ein Letztes, um Rußlands Widerstand gegen 
die deutschen Forderungen zu versteifen, und war sich offenbar — das 
wollen wir hoffen — der furchtbaren Verantwortung nicht bewußt, die 
darin lag, in diesem Augenblick nur um der Kriegsnotwendigkeit willen den 
russischen Diktatoren die moralische Anerkennung der Vereinigten Staaten 
zu schenken. 
Der Schluß der Wilsonschen Rede galt dem deutschen Volk. Es konnte 
unmöglich Zufall sein, daß er nach Aufstellung seiner 14 Punkte, darin 
zwei Lansdownesche Forderungen, Freiheit der Meere und internationale 
Friedensorganisation, bereits enthalten waren, nun noch die drei übrigen 
von Lansdowne gewünschten Erklärungen an unsere Adresse richtete: 
1. „Es ist nicht unser Wunsch, Deutschland, sei es mit den Waffen, sei es mit feind- 
lichen Handelsmaßnahmen zu bekämpfen, wenn es bereit ist, sich uns und den 
anderen friedliebenden Nationen anzuschließen in einem Bund der Gerechtig- 
keit, des Rechts und der Willigkeit. Wir wünschen nur, daß Deutschland eine 
Stellung der Gleichheit unter den Bölkern der Welt einnimmt — der neuen Welt, 
in der wir jetzt leben — anstatt einer beherrschenden Stellung.“ 
1 Wie diese „Menschenliebe“ aussieht, zeigt S. D. Melgunow (Der rote Terror 
in Rußland, 1918 bis 1923, Berlin), der eine furchtbare Schilderung der Greuel- 
taten der Bolschewiki gibt. Ferner Daul Miliukow (Rußlands Zusammenbruch, 
1926), der im 1. Band, S. 84, eine mittelalterlich anmutende Schilderung der Folte- 
rungen gibt. Er bringt eine der „Times“ vom März 1922 entnommene Statistik, 
nach der 1766 118 Menschen als Opfer des Bolschewismus getötet wurden. Miliukow 
erklärt (S. 83) die angeführte Tabelle zwar für eine nicht beweiskräftige Urkunde, ist 
aber überzeugt, daß das Gesamtergebnis „kaum als übertrieben“ zu betrachten sei. 
2 Siehe oben S. 173/4. 
: „We do not wish to fight Germany either with arms or with hostile arrange- 
ments of trade if she is willing to associate herself with us and the other 
beace-loving nations of the world in covenants of justice and law and fair 
dealing. We wish her only to accept a place of equality among the peoples 
of the world — the new world in which we now live — instead of a place 
of mastery.“ 
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