auch im neutralen Ausland, Sie alle diejenigen Kräfte um sich zu sammeln
verstanden, die willens und geeignet sein konnten, bei den feindlichen
Mächten für Verbesserung der Lebensbedingungen unserer Gefangenen,
eingreifendere ärztliche Behandlung, Befriedigung ihrer religiösen und
geistigen Bedürfnisse, Erleichterung ihres Postverkehrs mit der Heimat
einzutreten.“
Im Verlauf des Krieges setzte sich die von Partsch und mir verfolgte
Linie eigentlich in der gesamten öffentlichen Meinung und auch bei den
Behörden durch.
Als ich am 17. Dezember 1917 die Worte sprach: „Der Geist des Roten
Kreuzes gehört zur deutschen Armee wie der Offensivgeist. Wer dem ent-
waffneten Feind den Pardon versagt, ist ebenso ein Verräter, wie derjenige,
der nicht alles zur Niederzwingung eines kämpfenden Feindes unter-
nimmt,“ war ich überwältigt von der Zustimmung, die aus allen Teilen
des Landes zu mir drang. Am stärksten war sie allerdings in der Armee.
Im Sommer 1918 schickte ich an Seine Majestät eine ausführliche Denk-
schrift über Gefangenenprobleme und wiederholte darin zusammenfassend
alte Vorschläge in neuer Formz; insbesondere holte ich einen Plan wieder
bervor, der noch auf Gespräche mit Herrn v. Jagow zurückging, dem
Staatssekretär des Auswärtigen im ersten Kriegsjahr. Ich forderte die
Gründung eines Gefangenenministeriums mit einem Mann von inter-
nationalem Gewicht an der Spitze. Seine Aufgabe sollte eine doppelte sein:
einmal öffentliche Abwehr gegen Verleumdung, vor allem aber einheit-
liches Regiment über die Gefangenenlager, das alle sachlichen und Per-
sonenfragen fest in der Hand hielte und dadurch jede Abweichung von der
humanen Oinie zu verhindern in der Lage wäre.
Der Kaiser drückte mir seine uneingeschränkte Zustimmung aus und be-
fahl dem Auswärtigen Amt und dem Kriegsministerium, meine Vor-
schläge in die Tat umzusetzen. ·
Als ich bald darauf General Friedrich in Konstanz traf, dankte er mir
in bewegten Worten: mein Brief an den Kaiser hätte die letzten Wider-
stände überwinden belfen. Er sei beute überzeugt, daß meine Gefangenen-
politik vom ersten Tage an die richtige gewesen wäre. — Es war das letzte-
mal, daß ich General Friedrich sah; wenige Wochen darauf erbielt ich die
erschütternde Nachricht von seinem Tode.
Zweimal hatte ich Begegnungen mit dem „Feind“:
Ich traf in der Schweiz mit einem Abgesandten des englischen Königs
zusammen. Die Verhandlungen mit dem Engländer wurden mit denkbarer
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