keinen Augenblick bei unserem Kampf gegen England vergessen: das englische
Imperium wird durch sein Prestige gehalten, so gut wie durch seine See-
verbindungen. Nachdem Ramsay Macdonald am 24. Mai 1915 erklärt
hatte: Kein Engländer, der nur einen Fetzen von Ehre hat, würde darein
willigen, auch nur ein Titelchen von Belgien aufzugeben, muß sich jeder
Englandkenner darüber klar sein, daß England mit der Preisgabe Bel-
giens politischen Selbstmord verüben würde, genau so gut, wie wenn es in
eine Anterbrechung seiner Verbindungen willigte. Es sei gewarnt vor den-
jenigen Propheten, die heute erklären, England würde die Sache schon leid
werden, wenn es noch einmal „ordentlich eins drauf" kriegte, und es würde
dann schon mit uns einen Kompromiß über Belgien eingehen. Das sind
dieselben Hropheten, die zu Anfang des Krieges von dem englischen Ex-
peditionskorps erklärt haben: „Möge sie nur kommen, die Schützengilde!
Je mehr, desto besser!“ Es sind dieselben Leute, die über den Gedanken
lachten, England würde jemals ein freiwilliges Millionenheer aufbringen
oder gar die Wehrpflicht einführen, und nach Einführung der Wehrpflicht
versicherten, ein kriegs tüchtiges Heer könne damit nicht geschaffen werden;
dieselben Leute, die so verächtlich über Amerika sprachen: „es werde nie-
mals ernst machen und könne uns im Kriege nicht viel mehr schaden als in
seiner Neutralität.“ Auf diese Propheten darf nicht weiter gehört werden.
Wer heute von Deutschland fordert, die flandrische Küste oder andere Teile
Belgiens in deutscher Hand zu behalten, der darf diese Forderung nur er-
heben mit der klaren Erkenntnis, daß Deutschland damit den Entschluß faßt,
den Krieg bis zum Knock-out-Blow gegen England fortzusetzen.
Die Frage, ob ein Belgien in deutscher Hand mit unseren
nächstliegenden europäischen Interessen vereinbar ist
Ein Belgien in deutscher Hand würde uns für unsere Befreiungs-
aufgabe im Osten disqualifizieren. Die nächsten Wochen werden entschei-
dend sein für unsere ganze Stellung im Osten. Es reicht heute nicht aus,
daß wir diesem oder jenem Volk einzeln erklären oder auch allen gemeinsam:
„Wir wollen euren Rechten nicht zu nahe treten“, sondern wir müssen deut-
liche Zeichen geben, daß wir das ARecht achten, nicht aus irgendwelchem
Opportunismus heraus, weil dieses Land Brot hat und jenes eine gute
Flottenbasis, sondern weil wir eine gewisse ethische Gesinnung haben, die
uns gebietet, so und nicht anders zu handeln. Man muß uns glauben, daß
wir als Hüter des Rechts auftreten dürfen. Schon behindert uns das Miß-
trauen der Randvölker auf Schritt und Tritt. Das Solidaritätsgefühl aller
kleinen Völker ist stark. Die Bereitwilligkeit, mit der wir polnische Inter-
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