Wir haben ja den Militarismus in Deutschland abgeschafft, wir
bestimmen ja jetzt unsere eigenen Geschicke, unsere Regierung ist
ja jetzt verantwortlich, wir sind ja nun verhandlungsfähig, wir
wollen ja auf den Machtgedanken zugunsten des Rechtsgedankens
verzichten.
Das Ganze wird wirken wie ein Buß- und Bittgang an das
feindliche Ausland.
) Erzberger und Scheidemann beabsichtigen eine Generalrechnung
gegen die Oberste Heeresleitung und Reichsleitung aufzumachen;
unter stillschweigender Begünstigung durch die Nationalliberalen
und das Zentrum fordern sie die parlamentarische Regierung, und
zwar mit der würdelosen Begründung, sie würde dazu beitragen,
den Kriegswillen der Feinde zu erweichen. Sie hoffen, ihre Forde-
rungen durchzusectzen auf Grund des Nachweises, daß die bis-
herigen Machtfaktoren Deutschlands: Kaiser, Reichsleitung und
Heeresleitung, sich unfähig erwiesen hätten, Deutschlands Geschicke
zu leiten.
d) Die linksdemokratische Hresse verlangt ebenfalls die parlamen-
tarische Regierung; um die Nationalliberalen zu locken, will
Theodor Wolff sogar Stresemann einen Hlatz in dieser Re—
gierung sichern.
e) Auf die Nationalliberalen ist kein Verlaß: Stresemann nähert
(sich deutlich der Reichstagsmajorität. Seine letzte Rede hätte
genau so gut von einem Abgeordneten der linken Parteien ge-
balten werden können.
3Z. Von der Front kommt die Nachricht: Nachdem der Glaube an die
Anfehlbarkeit der deutschen Obersten Heeresleitung geschwunden ist,
sehnt sich mit einem Male die Armee nach einer politischen Führung.
In diesem Verlangen krifft sich also das kämpfende wie das arbeitende
deutsche Volk.
Diese Forderung kann unsere Nettung werden. Wer wird die
politische Führung übernehmen?
1. Der Reichstag zögert zu lange, gerade von seinem Standpunkt aus.
Hätte er Selbstbewußtsein, so müßte er in dieser Stunde der Not
zusammentreten, sich Rechenschaft über die Lage geben lassen und
mit daran arbeiten, daß eine neue nationale Erhebung uns die Mög-
lichkeit gibt, die große Krisis zu überstehen. Anstatt dessen ist er in
den Ferien und die arteileiter erholen sich für die große Kraft-
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