Dokumente bei, die überzeugen mußten. Mein Programm faßte ich so
zusammen:
Eine neue breite Basis muß geschaffen werden, die von der Vater-
landspartei bis tief in die Sozialdemokratie hineinreicht.
Ich würde mir getrauen, diese Basis zu finden. Meine Sympathien
wären mit den Alldeutschen, wenn sie den Sieg forderten, aber gar nicht,
wenn sie durch provokatorische Kriegszielforderungen die feindliche
Widerstandskraft stärkten und damit den Sieg erschwerten. Mit patrio-
tischen Männern der Mehrheitsparteien verbände mich die Erkenntnis
der Notwendigkeit, daß ein großes Volk Menschheitsziele in seinen
nationalen Willen aufnehmen müsse. Aber ich lehnte die Friedens-
beflissenheit ab, mit der die Reichstagsmajorität durch Vortäuschung
deutscher Schwäche ebenfalls den feindlichen Kriegswillen gestärkt hätte.
Ohne die Aberbrückung der Gegensäße könne keine nationale Erhebung
zustande kommen. Die Berufung der neuen Regierung würde kaum den
Frieden bringen; aber den deutschen Krieg erleichtern und den feindlichen
erschweren.
Ich sprach dem Kaiser von der letzten Chance der deutschen Monarchie,
ihre Autorität zu wahren:
„Es handelt sich um die letzte Chance des monarchischen Gedankens
überhaupt. Im Osten ist er elend zusammengebrochen, in den westlichen
Demokratien ist schon längst kein Raum mehr für den freien Entschluß
einer führenden Dersönlichkeit.
„Die Staatsmänner der Entente sind nicht in der Lage, nach eigenem
Gewissen, entgegen den Volksleidenschaften und Stimmungen, schwer-
wiegende Entschlüsse zu fassen, sie müssen immer warten, bis sich eine
allgemeine Zustimmung hinter ihre Einsicht stellt.
„Das ist anders in Deutschland. Die monarchische Tradition ist noch
so stark im Volke, daß heute eine rettende Tat des Kaisers, selbst wenn
sie den Reichstag verblüfft und überrascht, ja gerade weil sie verblüfft
und überrascht, im Volk dankbar begrüßt werden würde."“
Der Kaiser antwortete mir am 11. September:
„Ich danke Dir von Herzen, ich empfinde tief Deine selbstlose Treue
und Deine freundschaftliche Gesinnung, unsere Ansichten sind in der
Grundlage übereinstimmend, in diesem Sinne arbeite ich und sind von
mir alle Weisungen gegeben und die Vorbereitungen getroffen. Zur Zeit
kann anderes nicht in Aussicht genommen werden.
„Mit treuen Grüßen Wilhelm.“
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