Erst um 11 Uhr abends war der erste Entwurf der Rede fertig. Ich
hatte in meinem Hotelzimmer unter anderen: Haeften, Solf, Warburg,
Simons, Haußmann, Hahn versammelt; alle im Grunde Gegner des
Waffenstillstandsangebots.
Ich bringe die Rede in ihrer noch rohen Form, so wie sie damals in
diesem Kreise vorgelesen wurde.
Meine Herren!
„Ich habe die erste Gelegenheit gesucht, um die neue Regierung dem
MReichstag vorzustellen.
„Nach dem Mücktritt des allverehrten Grafen Hertling hat mich Seine
Majestät der Kaiser beauftragt, Verhandlungen mit den Parteiführern
einzuleiten. Ich habe diesen Auftrag übernommen in dem Bewußtsein,
daß eine gemeinsame politische Willensrichtung zwischen den erklärten
Zielen der Reichstagsmajorität und dem von mir öffentlich vertretenen
Standpunkt vorlag. Auf der Grundlage dieser Abereinstimmung sind die
Verhandlungen mit den VPertretern der drei Mehrheitsparteien geführt
worden und haben eine völlige programmatische Einigung ergeben.
„Sie wissen, welches die erste Handlung der neugebildeten Negierung
war. Nach den Mitteilungen und Berichten der bisherigen Regierung und
der militärischen Instanzen habe ich es für meine Pflicht gehalten, im
Augenblick meines Amtsantritts die folgende Note an den Präsidenten
der Vereinigten Staaten zu richten. Ich halte es für meine Hflicht, Ihnen
rückhaltlos die Grundlagen vorzulegen, die die Regierung zu diesem Schritt
veranlaßt haben:
„An der mazedonischen Front setzte Mitte September ein allgemeiner
Angriff des Feindes ein. Es gelang ihm, am Czernabogen die bulgarischen
Linien zu durchbrechen. Der Rückzug dehnte sich auf die rechts und links
anschließenden Teile aus und führte zum Zusammenbruch der ganzen
Front. AUnter dem Eindruck dieser Ereignisse hat sich die bulgarische
Regierung mit der Bitte um Waffenstillstand und Frieden an den Feind
gewandt.
„Wir hatten auf die ersten Nachrichten von der feindlichen Offensive alles
Menschenmögliche getan, um dem bulgarischen Bundesgenossen zu helfen.
Die bulgarische Regierung hat das Eintreffen dieser Hilfe nicht abgewartet,
sondern einen Waffenstillstand abgeschlossen, dessen hauptsächlichste Be-
dingungen in der Räumung des besetzten serbischen und griechischen Ge-
bietes, der Demobilisierung des Heeres und der Auslieferung der Eisen-
bahnen bestehen. Durch dieses Verhalten ist Bulgarien aus der politischen
und militärischen Bundesfront ausgeschieden.
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