Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Herr Haußmann und Herr Gröber sollen dem General Ludendorff 
dafür gedankt haben, daß er ihre Stimmung gehoben habe. Auch ich war 
erleichtert, daß die Panik der ersten Oktobertage gewichen war, aber das 
Gutachten Ludendorffs hatte mich nicht befriedigt und beruhigt. 
Ich fragte den General unter vier Augen: „Glauben Sie, daß wir 
im nächsten Jahr den Krieg unter besseren Bedingungen beenden würden 
als heute?“ 
Die Antwort war ein klares „Ja“. 
„Sie sehen also dem Abbruch der Beziehungen zu Wilson mit Ruhe 
entgegen?“ 
Die Antwort war wieder ein klares „Ja“. 
Ich war nicht überzeugt. Entkleidete man die uns gewordene mili— 
tärische Auskunft des verhüllenden Beiwerks, so ergab sich der folgende 
Tatbestand: 
Ein Umschwung zu unseren Gunsten ist ausgeschlossen. 
Der U. Bootkrieg kann ihn nicht herbeiführen. 
Die Initiative ist aus unserer Hand. Weder die Osttruppen können 
sie uns wiedergeben, deren Kampfwert für die Aufgaben des Westens 
höchst zweifelhaft ist, noch die 600000 Mann, die der Kriegsminister 
Sche#üch noch auskämmen will. Dieser Ersatz bedeutet nur Stärkung, 
wenn die Stimmung sich bessert. Gegenwärtig ist die Stimmung in 
der Heimat furchtbar und die Not nicht zu lindern. 
Im günstigen Falle geht das Heer kämpfend zurück, ohne zu große 
Einbuße an Menschen und Material, und steht noch einmal an der 
Maaslinie oder an den Grenzen der Heimat. 
Aber die Kampfbedingungen wären verschlechtert: die Munitions- 
herstellung würde durch Fliegerangriffe auf das rheinische Industrie- 
gebiet leiden. 
Die Dberlegenheit an Menschen und Material ist heute bei den 
Feinden und verschiebt sich wachsend zu unseren Ungunsten. Die Flieger 
verhalten sich schon jetzt wie 1 zu 3, und der Tankwaffe haben wir heute 
noch keine wirksame Abwehr entgegenzusetzen. " 
Wir müssen mit Italienern an der Westfront und mit der Bildung 
einer neuen deutschen Südfront rechnen. 
Der Wirtschaftswert der Akraine für die Versorgung der Heimat 
ist umstritten. Sicher aber ist die starke Einbuße an Hafer und Oferden, 
die das Heer erleiden würde. Die Räumung des Ostens läßt sich nicht 
rechtfertigen: die Vorteile, die im Westen erwachsen würden, wären 
zu gering. 
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