Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

hatte der Dessimismus gesiegt, weil kein Kriegsrat be- 
rufen worden war. Ich habe Grund zu der Annahme, das Waffen- 
stillstandsangebot wäre nie herausgekommen, wenn Ende September etwa 
Gallwigtz, Loßberg oder Schulenburg nach Spa berufen worden wäre. 
Heute hatte der General Ludendorff mit keiner Silbe das Waffenstill- 
standsangebot und seine katastrophalen Wirkungen in der Welt und in 
Deutschland erwähnt, dagegen die Waffenstillstandsbesprechungen in Ber- 
lin für die Ermutigung des Feindes und die Verschlechterung der Front- 
stimmung verantwortlich gemacht. 
Die bösen Grundlagen der Situation steckten in seiner militärischen Aus- 
kunft, aber sie waren durch beruhigende und beschönigende Worte ver- 
kleidet: wurde im Vordersatz eine schlimme Tatsache zugegeben, so wurde 
im Nachsatz eine günstige Möglichkeit herangeholt, die vielfach nicht ver- 
läßlich war: 
„Wenn die Armee über die nächsten vier Wochen hinüberkommt und 
es in den Winter geht, so sind wir „fein heraus“.“ 
Es besteht die Möglichkeit, aber nicht die Wahrscheinlichkeit weiterer 
Italiener an der Westfront. Die Kriegsmüdigkeit ist in Italien sehr groß. 
Der Angriff der Italiener gegen Deutschland ist über Tirol physisch 
nicht unmöglich, „aber wir brauchen jetzt nicht damit zu rechnen. Sonst 
machen wir uns noch mehr Angst, als wir schon haben. Wenn Italiener 
gegen Deutsche fechten, so wird das wohl nur an der Westfront ge- 
schehen.“ 
„Man darf die Amerikaner nicht überschätzen. Sie sind wohl schlimm, 
aber wir haben sie bisher abgeschlagen, auch wenn wir sehr in der Min- 
derheit waren. Allerdings verschieben sich die Verhältniszahlen; aber 
unsere Leute haben keine Sorge vor den Amerikanern.“ 
„Die Flieger der beiden Heere verhalten sich schon jetzt wie 1:3. 
Trothdenm ist die Aberlegenheit bei uns. Die Angaben über Feindverluste, 
die wir machen, bleiben weit hinter der Wirklichkeit zurück, wie wir 
später oft an den feindlichen Nachrichten feststellen können. Alles das 
schreckt mich nicht.“ 
„Ich hoffe, daß, wenn unsere Infanterie wieder zu Kräften kommt, 
auch der Tankschrecken, der schon einmal überwunden war und wieder. 
gekommen ist, nochmals überwunden wird Ist aber die Stimmung 
der Truppen wiederhergestellt, so machen sich Teile von ihnen, so die 
Jägerbataillone und die Gardeschützen, geradezu einen Sport daraus, 
die Tanks abzuschießen. Es lockt auch aus materiellen Gründen, denn 
in den Tanks gibt es immer gute Verpflegung. Wir konnten nur nicht 
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