sehr viele nur garnisonsdienstfähige Leute, so daß abzüglich dieser Leute,
Kranker und sonst unabkömmlicher Leute, die Divisionen im Durchschnitt
nur mit 1000 Mann Infanterie ins Gefecht treten können gegenüber
12000 zu Anfang des Krieges.
„Erwähnen möchte ich noch, daß, wenn wir hinter die Maas zurück-
gehen, die rheinisch-westfälischen wie lothringischen Industriegebiete in
erhöhtem Maße Iliegerangriffen ausgesetzt sein werden.“
Am frühen Nachmittag kam der Kaiser. Graf Lerchenfeld war noch
bei mir. Ich hatte ihn gebeten, dem Gespräch beizuwohnen als Vertreter
Baverns, das den Vorsitz im Auswärtigen Ausschuß führte; auch wußte
ich, daß der Graf die Achtung und die Sympathie des Kaisers besaß.
Seine Majestät war durch die Gegenwart des Grafen Lerchenfeld betroffen
und begrüßte ihn mit den Worten: „Ich wußte nicht, daß Sie Sachver-
ständiger für Marineangelegenheiten sind.“ Dann sprach er sich gegen die
Aufhebung des verschärften U. Bootkrieges aus. Wir setzten unsere Gegen-
gründe auseinander, und ich fügte binzu, daß ich mein Bleiben von der
Zustimmung des Kaisers zu der als notwendig erachteten Konzession ab-
hängig machen müsse. Nur sehr unwillig gab der Kaiser seine Zustim-
mung. Nunmehr wies Graf Lerchenfeld auf gefährliche Strömungen im
Reiche bin, die eine besondere Spitze gegen den Kaiser angenommen haben.
Seine Majestät unterbrach ihn: er wisse dies, er wisse auch, daß manche seine
Abdankung forderten; aber, so fügte er mit großem Ernst hinzu, ein Nach-
folger Friedrichs des Großen danke nicht ab. Darauf verließ er uns und
empfing sofort den Chef des Admiralstabs, dem erseine Entscheidung mitteilte.
Der Nachmittagssitzung des Kabinetts blieb ich zunächst fern. Da trat
Exzellenz Wahnschaffe bei mir ein und teilte mir mit: die Staatssekretäre
hätten von meiner Aktion gehört und befänden sich in erheblicher Auf.-
regung; sie verlangten mich zu sprechen. Ich konnte die Herren durch die
Erklärung beruhigen: der Konflikt hätte zu einer raschen Entscheidung ge-
drängt; auch hätte ich auf eigene Verantwortung handeln wollen, um
meine Mitarbeiter nicht in meine Demission bineinzureißen, falls diese
wirklich notwendig werden sollte. Payer dankte mir für den beim Kaiser
unternommenen Schritt. Für mich war die Sache durch die Entscheidung
Seiner Majestät erledigt. Ich zweifelte nicht daran, daß der General Luden-
dorff gehorchen würde. Die Staatssekretäre aber forderten auch die Ein-
sicht der Obersten Heeresleitung und wollten sie um jeden Preis erzwingen,
noch ehe die Note hinausging, „die sonst Zwiespalt in jede Partei tragen
würde“. Haeften erklärte, alle seine Argumente erschöpft zu haben; der
General Ludendorff glaube, es sei an der Zeit, mit Wilson Schluß zu
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