Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Prestige vereinbar sind, so wird das Land eine sehr schwere Krisis 
durchmachen, und die Versuchung, diesen falschen Frieden zu schlie- 
ßen, wird fürchterlich sein. 
Es gibt bereits in England eine ganz aufrichtige Gruppe, die 
die Möglichkeit der Macht in sich birgt (a quite sincere and 
potentially powerful body of opinion), die jenen falschen 
Frieden begünftigt.“ ½ 
Der konservative Garvin sagt ebenfalls im November 1915 
im „Observer“, daßer sich weniger vor deutschen Siegen fürchte 
als vor klugen und plausiblen deutschen Friedensvorschlägen, 
die darauf berechnet sind, „unsere Parteizwistigkeiten neu zu 
beleben“. 
Im Januar 1916 geht die allgemeine Wehrpflicht durch, gut vorbereitet 
durch den Abbau des freiwilligen Systems, den Lord Derby planmäßig 
vorgenommen hatte. Die Opposition, die sich noch in liberalen und Ar- 
beiterkreisen regt, hat etwas Anwirkliches an sich angesichts der unerhörten 
Kriegsanstrengung, die von England gefordert und geleistet wird. Anderer-= 
seits geht keine neue Welle der Kriegsbegeisterung durch das Land, als die 
langjährige Kampagne für die allgemeine Wehrpflicht endlich ans Ziel ge- 
langt ist. . 
Im Lauf des Jahres waren zwei Kraftquellen des englischen Krieges ein 
wenig trüber geworden: 
Erstens der Glaube, Deutschland trüge die Alleinschuld 
am Kriege. Die Arbeitsgemeinschaft, die sich in der U.D.C. (Union 
of Democratic Control) unter ihrem Führer E. D. Morel zusammen- 
gefunden hatte, brachte die Schuldfrage auf einfache und einleuchtende 
Formeln? und wurde nicht müde, sie in immer neuen und geistvollen Varia= 
1 Von mir gesperrt. 
:„ Gegründet am 17. November 1914. 
2 Mach dem „Labour Leader“ vom März bis Juni 1915 lassen sich diese wie 
folgt zusammenfassen: 
1. Daß Oeutschland allein für den Krieg verantwortlich sei, ist erstens nicht wahr 
und führt zweitens zu einem langen Krieg bis zur bedingungslosen Ubergabe Deutsch- 
lands, und dieser wieder zu einem Frieden, der künftige Kriege in sich birgt und 
Englands wahres Interesse schädigt, das Versöhnung mit Oeutschland erfordert. 
2. Der Haß gegen Deutschland führt die englische Politik dazu, ihre einstige 
Vorsicht gegen Rußland zu vergessen. Rußland beabsichtigt, ganz Polen mit 
Danzig in seinen Besitz zu nehmen und sich in Konstantinopel festzusetzen. Damit 
würde es den Landweg nach Indien beherrschen und ein Heer von zehn Millionen 
aufstellen können. 
3. Die Abmachungen des englischen Auswärtigen Amtes während der letzten 
zehn Jahre führten zu einer bedingungslosen Bindung an Rußland und Frank- 
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