Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Dem Geheimrat Simons gab ich die folgenden Richtlinien für die 
Beantwortung der Note: 
„Die gegenwärtige Note eignet sich nicht, um eine levée en masse zu inszenieren. 
Im deutschen Heer wie unter den deutschen Arbeitern würde das Gefühl lebendig 
werden: wir könnten den Frieden haben, wenn wir uns noch mehr demokratisierten. 
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, den Faden mit Wilson noch nicht abzu- 
reißen. Wir dürfen dies nur in einem Augenblick tun, wo Wilson vor dem ganzen 
deutschen Volk im Unrecht ist und wir in keiner Weise die Berantwortung für die 
Fortsetzung des Krieges tragen. 
... Esmag sein, daß dieses Wilsonsche Mißtrauen nur erheuchelt ist. Es mag 
sein, daß, wenn wir es auch beseitigen würden, er immer noch an den Fochschen Be- 
dingungen der AUnterwerfung festhält, aber wenn auch nur ein Prozent Wahrschein- 
lichkeit ist, daß er es ehrlich meint, und daß er gewissermaßen uns zu Hilfe ruft, 
ihm durch entscheidende demokratische Tatsachen die nötige Plattform zu geben, 
dann mühssen wir sie ihm geben 
Ich schlage den folgenden modus procedendi vor: man antwortet ihm auf seine 
Note, was die Waffenstillstandsbedingungen angeht, in folgender Form: 
Man lehnt ab, sich auf Gnade und Ungnade den feindlichen Armeen zu ergeben, 
mit der Begründung, daß gerade eine Volksregierung dieses Verrats am Volke 
nicht fähig wäre. 
Man weist ihn in ruhiger Sprache darauf hin, daß die grundlegende Ver- 
fassungsänderung sich weiter vollzieht, und spricht den Gedanken aus, daß er 
einer Regierung von Gewissen doch unmöglich zumuten könnte, aus taktischen 
Gründen, zur Beeinflussung des Auslandes Maßnahmen zu treffen, hinter denen 
nicht der erklärte Wille und die innere Aberzeugung des deutschen Volkes stehen. 
Da trat am Nachmittag des 24. Haeften bei mir ein. Er war aus der 
Reichstagssitzung geeilt, um mich zu warnen: Morgen werden die Sozial- 
demokraten die Abdankung des Kaisers fordern! 
Noskes gefährliches Wort — so berichtete er — ginge auf die Note 
Wilsons zurück. Haeften hatte mit dem Staatssekretär des Außern im 
Gespräch gestanden, als der Abgeordnete Noske binzutrat und Solf die 
inoffiziell verbreitete Antwort Wilsons überreichte. Als Solf beim Lesen 
immer ernster wurde, meinte Noske: Die Note ist doch gar nicht schlimm; 
wenn der Kaiser geht, kriegen wir einen guten Frieden. 
Ich bestreite nämlich gar nicht, daß das Militärkabinett auch in Offizierskreisen 
eine unbeliebte Einrichtung ist. Ich gebe dem Herrn Abgeordneten Müller (Meiningen) 
durchaus zu, es wird in Offizierskreisen vielfach empfunden, daß eine gewisse Kontrolle 
über die dortigen Dinge wohl wünschenswert wäre, und daß darum eine Anderung 
in der Hinsicht vielleicht möglich wäre .“ 
1 General von Haeften schickte mir nach Erscheinen der ersten Auflage des Buches 
einen Bericht, der wichtige Ergänzungen über die Stellung der O. H. L. zur 
dritten Wilson-Note bringt. Ich halte mich für verpflichtet, der Offentlichkeit seine 
Ausführungen zu übergeben (siehe Anhang V Seite 671). 
Brinz Max von Baden 32 407
	        
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