Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

long" an der wehrlosen Mannschaft eines deutschen U.Bootes verübt 
batte. Seine Worte hatten eine unerwartet große Wirkung. Wie stark die 
Engländer sich in ihrem Ehrgefühl getroffen fühlten, zeigte das öffentliche 
Angebot, das Grey am 5. Januar 1916 machte: ein amerikanisches 
Schiedsgericht sollte den umstrittenen Tatbestand feststellen, einmal im 
„Baralong“-Fall, dann aber auch in Fällen, in denen England Anklagen 
gegen die deutsche Seekriegführung erhob. Leider griffen wir den Vor- 
schlag Greys nicht auf. 
Im Mai 1916 fanden öffentliche Friedensdiskussionen im 
englischen Parlament statt. Gleichzeitig kam sichere Kunde nach 
Deutschland: unsere Politik hat wieder Gelegenheit, den Kriegswillen des 
englischen Volkes zu erweichen. 
England ist in schwerer Sorge über die Kriegslage. Soeben haben 
Deutschland und Amerika die Sussexkrisis? friedlich überwunden. Haig will 
noch einmal schlagen, und zwar — so sickert es durch — soll wieder der 
entscheidende Durchbruch unternommen werden. Die Offentlichkeit hat kein 
Vertrauen mehr dazu, daß er gelingt. Im Frühjahr 1916 läßt sich eine 
wohlorganisierte Opposition feststellen gegen den englischen Generalstab 
und seine strategische Grundauffassung: der Krieg muß auf der West- 
front entschieden werden. 
„Manchester Guardian“ wird der Hauptvertreter der „östlich en 
Schule“; er arbeitet in einem deutlichen Vertrauensverhältnis zu unzu- 
friedenen Ministern und Generalen. Seine Kritik an der westlich gerichteten 
Kriegspolitik kommt nie zur Ruhe. Wöchentlich einmal präzisiert sie der 
„ Student of War“; alle vierzehn Tage wird die Polemik in der 
„Kriegsgeschichte des Manchester Guardian“ zusammengefaßt. 
Nach jedem Mißerfolg des englischen Generalstabs werden die Angriffe 
1 Versenkung der „Arabie“; Angriff auf den unbewaffneten Dampfer „NRuol“ 
und Beschießung eines gestrandeten englischen Anterseebootes an der dänischen 
Küste durch einen deutschen Torpedobootzerstörer. 
* Am 24. März 1916 wurde ohne vorherige Warnung der Passagierdampfer 
„Sussex“ versenkt; unter den Opfern befand sich eine Anzahl Amerikaner. Es kam bei- 
nahe zum Bruch mit den Bereinigten Staaten, doch wurde die Krisis durch unsere 
Note vom 4. Matl beigelegt, darin die Zurückführung des U. Bootkriegs auf die 
völkerrechtlich anerkannten Formen des Kreuzerkriegs zugestanden war. Es wurde 
aber der folgende Vorbehalt ausgesprochen: „Sollten die Schritte der Vereinigten 
Staaten nicht zu dem gewollten Erfolge führen, den Gesetzen der Menschlichkeit bei 
allen kriegführenden Nationen Geltung zu verschaffen, so würde die deutsche Re- 
gierung sich einer neuen Sachlage gegenübersehen, für die sie sich die volle Freiheit 
der Entschließung vorbehalten muß.“ Helfferich, BVom Kriegsausbruch bis zum 
uneingeschränkten U. Bootkrieg, Berlin 1919, Seite 338 ff. 
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