Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

will: wir bekommen einen besseren Frieden, wenn der Kaiser weg- 
fällt. Sind die Bedingungen so schlimm, daß wir sie nicht annehmen 
können, sondern uns wehren müssen bis zum äußersten, dann können 
wir einen solchen Kampf nur kämpfen, wenn der Kaiser gegangen ist. 
„Daher ist es eine gebieterische Pflicht, dem Kaiser nahezulegen, 
daß er den Schritt freiwillig tut. Ich möchte nicht, daß der Kaiser in 
eine unwürdige Rolle gedrängt wird. So wäre es unwürdig gewesen, 
wenn der Kaiser die Order veröffentlicht hätte, die ihm aus Anlaß 
der Verfassungsänderungen vorgelegt werden sollte; sie enthielt an sich 
schöne Worte, aber Worte, die nicht zum Wesen des Kaisers passen. 
So war es nicht würdig, daß wir uns unter der Peitsche Wilsons zu 
den Verfassungsänderungen haben treiben lassen, die wir längst frei- 
willig hätten machen sollen. Anwürdig wäre auch, wenn der Kaiser ab- 
dankte, weil das Volk ihn dazu zwänge durch Ausstände und Auf- 
stände, und das wird kommen. Unsere Dresse hat sehr zurückgehalten, 
eine einzelne Ausnahme bestätigt die Regel. Ich meine das „Magde- 
burger Volksblatt“. Jetzt läßt sie sich nicht mehr zurückhalten. Der 
„Vorwärts“ hat heute einen Artikel gebracht, der schon deutlich genug 
war, obwohl er die Zensurbestimmungen einhielt. Ein geschickter Jour- 
nalist kann das immer einrichten, daß er keine Forderung ausfstellt, 
aber durchblicken läßt, was er meint. 
„Ich bin ganz einverstanden damit, was der Herr Reichskanzler sagte: 
Wir dürfen keinen Druck auf den Kaiser ausüben, auch nicht vom Ka- 
binett aus, aber man soll ihm raten. Wir dürfen auch das Kabinett 
nicht auffliegen lassen. Wenn ich es für eine historische Not- 
wendigkeit erkläre, daß der Kaiser geht, so spreche ich keine 
Drohung aus, daß ich aus dem Kabinett austrete, wenn 
es nicht geschieht. Bevor ich so etwas sage, müßte ich 
mich mit meinen Parteifreunden besprechen, als deren 
Vertreter ich bier bin. 
„Aber darüber darf man sich nicht täuschen: die Forderung wurde 
nicht zunächst in Arbeiterkreisen erhoben, sondern in Bürgerkreisen: 
namentlich in Süddeutschland, wo die partikularistische Bewegung 
wächst. In Bayern heißt es jetzt: Los von Dreußen! Zusammen mit 
Deutsch-Osterreich! Weg vom Reich! Das wäre das Schlimmste, 
was uns geschehen könnte. Das Reich muß in seiner ganzen Größe 
und Wucht erhalten bleiben, mit einem einheitlichen Volk, das weiß, 
was ihm sein Vaterland wert ist. 
„Auch die Bauern, namentlich in Süddeutschland, stehen auf dem 
Standpunkt, daß der Kaiser abdanken sollte; alle entgegenstehenden 
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