Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

sollte, ebenso wie König Konstantin von Griechenland, dessen vom Feind 
erzwungener Rücktritt auch nicht unwürdig gewesen wäre. 
Gröber bestritt Herrn Scheidemann gegenüber, daß der Kaiser keinen 
Verteidiger gefunden, und wies auf Versammlungen und Resolutionen 
der Zentrumspartei hin. Für ihn sei es klar, daß Wilson die Abdankung 
nicht verlange. 
Da die Abdankung des Kaisers den Thronverzicht des Kronprinzen 
nach sich zöge, müsse ein Kind zur Regierung kommen, und „Wehe dem 
Volk, dessen König ein Kind ist“. Er sei durch und durch monarchisch 
gesinnt und zöge daraus die Folgerungen. Aber auch aus Verstandes- 
gründen sei er gegen den Schritt. Mit dem Kaiser müsse die Regierung 
gehen, und dann gäbe es Anarchie. Subversive Elemente seien genügend 
vorhanden. Der kluge und spmpathische Zentrumsführer sprach mit einem 
edlen Zorn und machte sichtlich Eindruck. 
Trimborn war anderer Meinung als seine beiden Fraktionsgenossen: 
„Ich muß nach meinen Beobachtungen bestätigen, was Herr Scheide- 
mann von der Stimmung und über die Beamtenschaft gesagt hat.“ — Auch 
er war überzeugt, „der Kronprinz kann nicht in Frage kommen“". 
Haußmann widersprach Erzberger und Gröber: Es sei nicht logisch, 
nur eine freiwillige Abdankung als wertvoll hinzustellen und dann abzu- 
warten, bis die Entente so schwere Bedingungen stelle, daß der Kaiser 
zurücktreten müsse. Dann sei eben der Rücktritt nicht nur dem Ausland 
gegenüber kein freiwilliger mehr, sondern der Kaiser verliere auch nach 
innen das Recht auf Dankbarkeit. Jetzt würde die Thronentsagung ein 
großes Opfer sein, das dem Volk zum Zweck eines günstigen Friedens 
gebracht wird; die Dankbarkeit dafür würde die Erschütterungen, die man 
befürchte, überwiegen. Bei einer Abdankung wegen harter Bedingungen 
wäre für die Regierung eine unmögliche Lage geschaffen. Wenn der Kaiser 
und König die Bedingungen für so schwer hielte, daß er lieber vom Thron 
stiege, als sie anzunehmen, sollte dann die Regierung sie annehmen? Wie 
denke man sich dann die Aussicht auf einen Endkampf? Wenn der Schritt 
getan würde, müsse er geschehen, ehe die Bedingungen bekannt seien. 
Friedberg trat auf Gröbers Seite: Der Schein einer freiwilligen Ab- 
dankung sei gar nicht mehr zu wahren. Zuzugeben sei, daß nach dem Ein- 
treffen schwerer Bedingungen sich der Zorn gegen den Kaiser wenden 
würde. Dann aber gäbe es immer noch einen guten Abgang, wenn der 
Kaiser an die Front ginge und persönlich gegen die Bedingungen den 
Kampf fortführe. „Nicht überstürzen."“ 
Scheidemann warnte davor, es auf einen Kampf im Innern ankommen 
zu lassen. Dieser Kampf würde nicht vor der Person des Kaisers halt- 
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