der Staat zusammen. Diese Wirkung wird auch bei uns eintreten, wenn
nicht hinter der Front das ganze Volk zusammengehalten wird.“
Solf erklärte es für notwendig, daß die Abdankung des Kaisers, wenn
sie käme, so frühzeitig erfolge, daß Wilson sie schon bei der Repräsentanten-
wahl am 5. November zu seiner Unterstützung verwerten könnte.
„Die Republikaner und Roosevelt verlangen die Vernichtung des
Deutschen Reiches und die Beseitigung des Kaisers. Die Verfassungs-
änderungen versteht das lamerikanische)! Volk nicht; nur ein Symbol
verstehen sie. Deshalb wünscht auch der Hräsident die Abdankung nicht
gegen uns, sondern zu unseren Gunsten, denn stark zu sein in seinem Volk,
stark unter seinen Alliierten, ist für ihn die Borbedingung für die Mög-
lichkeit, bei den Friedensverhandlungen als Schiedsrichter aufzutreten.“
Payer legte das Schwergewicht auf die Stimmung in Süddeutschland:
„Sollten wir so schlechte Bedingungen bekommen, daß wir uns da-
gegen aufbäumen müßten, so kann der Aufruf zum letzten Kampf nicht
vom Kaiser unterzeichnet sein. Das ist ganz unmöglich. Vom Keiser,
den das Ausland für den Krieg verantwortlich macht, den viele bei uns
dafür verantwortlich machen, den sehr viele für das Hindernis besserer
Bedingungen ansehen — das ist unmöglich. Nicht nur die Anabhängigen,
nicht nur die Sozialdemokraten, sondern fast ganz Süddeutschland würde
sagen: Wir sollen für den Kaiser kämpfen — da tun wir nicht mehr mit.
„Die Herren sprechen vom Lande, sie denken dabei nur an Preußen.
Gehen Sie mal aus Preußen heraus. In meiner Heimat hat es mich
gegraust Über das, was ich im September gesehen habe, daß Stadt und
Land in der Forderung der Abdankung einig sind; in Bayern ist es
noch viel schlimmer, in Baden und Sachsen wird es nicht wesentlich
anders sein.
„Der Herr Kriegsminister meint, wir sollten die öffentliche Meinung
führen und wirft uns Antätigkeit vor. Das ist ein großer Irrtum. Die
Presse ist der Ausdruck der öffentlichen Meinung. Man kann nakürlich
auch sein Teil dazu tun, aber einen Strom ändern kann man nicht.
Das ist der Ausdruck einer inneren Empfindung des Volkes. Die aller-
wildesten Kaiserstürzer sind die rechtsstehenden Leute. Die Herren der
Hochfinanz und der Großindustrie, ja bis hoch in die Offizierskreise
hinein kann man mit einer erstaunlichen Offenberzigkeit sagen hören: Der
Kaiser muß sofort zurücktreten.. Man weiß jetßt, daß die Sozial-
demokratie sich begnügen würde mit einer Abdankung des Kaisers und
mit einem Gerzicht des Kronprinzen. Je länger aber die Hege fort-
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