Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Friedens- und Waffenstillstandsverhandlungen 
gleichzeitig geschaffen. Um dem Blutvergießen ein Ende zu machen, ist die deutsche 
Abordnung zum Abschluß des Waffenstillstandes und zur Aufnahme 
der Friedensverhandlungen heute ernannt worden und nach dem Westen abgereist. 
Die WVerhandlungen werden durch Anruhe und disziplinloses Verhalten in 
ihrem erfolgreichen Verlauf ernstlich gefährdet. 
über vier Jahre hat das deutsche Volk in Einigkeit und Ruhe die schwersten 
Leiden und Opfer des Krieges getragen. Wenn in der entscheidenden Stunde, in 
der nur unbedingte Einigkeit des ganzen deutschen Volkes große Gefahren 
für seine Zukunft abwenden kann, die inneren Kräfte versagen, so sind die Folgen 
nicht abzusehen. 
Aufrechterhaltung der bisher gewahrten Ordnung in freiwilliger 
VManneszucht ist in dieser Entscheidungsstunde eine unerläßliche 
Forderung, die jede Volksregierung stellen muß. 
Mag jeder Staatsbürger sich der hohen Verantwortung bewußt sein, die er in 
Erfüllung dieser Dflicht seinem Volke gegenüber trägt. 
Der Reichskanzler Max, Drinz von Baden.“ 
Als mir die Preßkommentare vorgelegt wurden, war ich entsetzt über 
die Sprache des „Vorwärts"“. Zwar unterstützte er meinen Appell und be- 
schwor die Arbeiterschaft, sich nicht von dem Weg der geordneten Demo- 
kratie abdrängen zu lassen, aber die antirevolutionäre Linie war nicht mehr 
mit der alten Schärfe eingehalten. 
„An der Wasserkante haben sich Ereignisse abgespielt, die in aller Welt Munde 
sind, wenn auch noch ein zusammenhängender erschöpfender Bericht über sie 
fehlt. Keiner, dem die Gedanken der neuen Zeit aufgegangen sind, 
wird sich in seinem Empfinden von den Massen trennen, er wird 
es auch dort nicht tun, wo er nicht jedes einzelne Vorkommnis zu 
billigen imstande ist.“ 
Wahrlich eine milde Rüge für Meuterei und Mord! Das war der „By- 
zantinismus vor den Massen“.] Stand die Dartei binter diesem Artikel? 
Ich sah Ebert am frühen Vormittag allein im Garten. Zunächst unter. 
richtete ich ihn von meiner geplanten Reise: „Sie wissen, was ich vorhabe. 
Wenn es mir gelingt, den Kaiser zu überzeugen, habe ich Sie dann an 
meiner Seite im Kampf gegen die soziale Revolution?"“ Eberts Antwort 
erfolgte ohne Zögern und war unzweideutig: 
Wenn der Keiser nicht abdankt, dann ist die soziale Revolution 
unvermeidlich. Ich aber will sie nicht, ja, ich hafse sie wie die Sünde. 
1 Ein Wort Max Webers. Ich betrachte es als ein Mißgeschick, daß ich Max 
Weber erst nach dem Kriege kennen lernte. Wir gründeten 1919 gemeinsam die 
„Heidelberger Vereinigung“. Seine Warmungen während des Krieges gingen den 
meinen parallel. (BVgl. „Max Weber, ein Lebensbild“ von Marianne Weber, Tül- 
bingen 1926.) 
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