Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

usw. Die Versammlungen werden fortgesetzt werden mit immer auf- 
reizenderen Themas, bis wir den Bolschewismus haben.“ Mit guten 
Worten könne man die bolschewistische Revolution nicht verhindern. Die 
Sozialdemokraten sollten auch an ihre Verantwortung vor der Geschichte 
denken. „Was das Verhalten der unteren Organe betrifft, so muß man 
sich klar darüber sein, daß eine große Verwaltung in kurzer Zeit nicht 
geändert werden kann. Man muß nicht jedes kleinste Symptom gleich 
so schwer nehmen.“ 
Scheidemann verteidigte sich: 
„Wir haben uns die größte Mühe gegeben, auf die Massen einzu- 
wirken. Wenn die Massen in der Kaiserfrage in Bewegung gekommen 
sind, so sind in erster Linie die bürgerlichen Blätter, wie die „Frank- 
furter Zeitung“, es gewesen, die hierzu beigetragen haben. Man kann 
die Massen auch jetzt noch im Zaume halten, wenn man Konzessionen 
macht. Was auch das Kabinett für Beschlüsse faßt, die preußische Ver- 
waltung pfeift darauf. Wenn Exzellenz v. Payer auf die schwere Ver- 
antwortung binweist, die wir tragen, so muß klargestellt werden, daß 
die schwerste Berantwortung der Kaiser trägt. Er mußte seit Wochen 
wissen, was er zu tun hatte. Es gibt wohl niemand im Kabinett, 
dem nicht ein Stein vom Herzen gefallen wäre, wenn der Kaiser recht- 
zeitig das Richtige getan hätte. Jetzt gibt man ihm schon die Schuld 
am Kriege. Wenn er gesagt hat, ich weiche nur der Gewalt, so ver- 
schlimmert das die Situation. Es ist nicht zweifelhaft, wie das aus- 
gehen muß. Ich weiß nicht, ob die jungen Soldaten schießen würden, 
die alten tun es sicher nicht.“ 
Payer, Trimborn und Scheüch verlassen die Sitzung, um mir kurzen 
Bericht zu erstatten und zu fragen, wie ich mich zu einer Aufhebung des 
Versammlungsverbots stellen würde. Ich schließe mich der Auffassung des 
Kriegsministers an, daß es aus Gründen des Prestiges und aus technischen 
Gründen jetzt nicht möglich ist, die Entscheidung des Oberkommandos um- 
zustoßen. 
Derweil bricht im Kabinett die ganze Kränkung los, die das Altimatum 
bei den bürgerlichen Mitgliedern hervorgerufen hat. 
Graf Roedern sagt: „Die Forderung der Sozialdemokratie hinsichtlich 
der Abdankung des Kaisers und des Kronprinzen ist in der befristeten 
Form unausführbar. Die Sozialdemokratie hat die historische Verank- 
wortung dafür, daß Deutschland eventuell ohne Regierung an den Ver- 
handlungstisch treten muß.“ 
PVrinz Max von Baden 30 609
	        
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