Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

sammlung vorzuschlagen, der es obliegen würde, die künftige Staatsform 
des deutschen Volkes, einschließlich der Volksteile, die ihren Eintritt in 
die Reichsgrenzen wünschen sollten, endgültig festzustellen.“ 
Lm die zwölfte Stunde wurde die W. T.B.-Depesche in den Straßen 
Berlins bekannt. Fast gleichzeitig wurde mir eine Abordnung der Sozial. 
demokratischen Partei gemeldet. Sie wurde von Ebert geführt. Scheide- 
mann und andere Darteigenossen, darunter Heinrich Schulz und Brolat, 
gehörten ihr an. Ich empfing die Herren in Gegenwart des Gizekanzlers,! 
der Staatssekretäre Solf, Graf Roedern, Haußmann und des Botschafters 
Graf Bernstorff. Simons trat bald hinzu. Er war im Reichsamt des 
Innern gewesen, um die Frage: Regentschaft oder Stellvertretung 
verfassungsrechtlich zu klären. 
Herr Ebert begann: 
„Damit die Ruhe und Ordnung gewahrt werden, haben unsere 
Parteigenossen uns beauftragt, dem Herrn Reichskanzler zu erklären, 
daß wir es zur Vermeidung von Blutvergießen für unbedingt er- 
forderlich halten, daß die Regierungsgewalt an Männer übergeht, 
die das volle Vertrauen des Volkes besitzen. Wir halten es deshalb 
für nötig, daß das Amt des Reichskanzlers und das des Oberkomman- 
dierenden in den Marken durch Vertrauensmänner unserer Dartei 
besetzt wird. 
„Wir haben in dieser Sache sowohl unsere Partei als auch die Partei 
der Anabhängigen Sozialdemokraten geschlossen hinter uns. Auch die 
Truppen sind für uns gewonnen. Ob die Unabhängigen in die neue 
Regierung eintreten wollen, darüber sind sie sich noch nicht einig; falls 
sie sich dazu entschließen, müssen wir wünschen und verlangen, daß sie 
aufgenommen werden. Wir haben auch nichts gegen die Aufnahme 
von Vertretern der bürgerlichen Richtung; nur müßten wir die aus- 
gesprochene Mehrheit in der Regierung behalten. Darüber wäre noch 
zu verhandeln.“ 
Ich erinnerte Herrn Scheidemann kurz an seine Eigenschaft als Staats- 
sekretär. Er erklärte, daß er sich nicht mehr als Mitglied der Regierung 
betrachte. 
Darauf fragte ich Herrn Ebert, ob die Parteiführer den Willen und 
die Macht hätten, zu verhindern, daß die Bewegung in die Bahn der 
Gewalttätigkeit hinübergleite, und ob sie gewährleisten könnten, daß die 
Ruhe ungestört bliebe, wenn nicht geschossen würde. 
1 Bgl. Dayer, a. a. O., S. 163 f. 
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