Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Simons gab Hintze Kenntnis von meiner Veröffentlichung und vertrat 
sie ihm gegenüber. Wir hätten nach den Meldungen aus dem Haupt- 
quartier in der festen Überzeugung gehandelt, daß der Entschluß des Kaisers 
zur Abdankung unwiderruflich feststünde. 
Hintze machte geltend, daß aus seinen Mitteilungen kein Rückschluß auf 
den Charakter der Entschließungen Seiner Majestät hätte gezogen wer- 
den können. Simons bestritt dies: Nie und nimmer hätten wir den staats- 
rechtlich und politisch unmöglichen Gedanken einer teilweisen Abdankung 
in unsere Erwägungen einstellen können. Mir wurde deutlich, daß auf der 
anderen Seite mein Versuch, noch im letzten Augenblick die Monarchie 
vor dem Sturz zu bewahren, als Staatsstreich angesehen wurde. 
Ebert kehrte in die Reichskanzlei zurück, um seine Verhandlungen 
über die Regierungsbildung fortzuführen. Er war immer noch bemüht, 
den organischen Zusammenhang mit der Vergangenheit nicht zu lösen. 
Landsberg und Scheidemann gedachte er als Staatssekretäre zu berufen, 
die bisherigen Staatssekretäre aber wollte er bitten, ihre Amter vor- 
läufig weiterzuführen. Haußmann wurde ersucht, es dauernd zu tun. Er 
erwiderte, die Antwort darauf werde seine Fraktion erteilen. Ebert bat 
ihn, in jedem Fall an der ersten Droklamation mitzuwirken. AUnter Hauß- 
manns und wohl auch Simons“ Beihilfe entstanden zwei Aufrufe. 
In dem ersten verkündete Ebert die Ibernahme der Kanzlerschaft mit 
den Worten: 
An die deutschen Bürgerl 
„Der bisberige Reichskanzler Prinz Max von Baden hat mir unter 
Zustimmung der sämtlichen Staatssekretäre die Wahrnehmung der 
Geschäfte des Reichskanzlers übertragen ." 
Der zweite richtete sich an die Kräfte der Ordnung, die den Staat. 
vor dem Zerfall schützen sollten: 
An alle Behörden und Beamtenl! 
„Die neue Regierung hat die Führung der Geschäfte übernommen, 
um das deutsche Volk vor Bürgerkrieg und Hungersnot zu bewahren 
Reichsverfassung als Ganzem so deutlich hervor, daß „die Uberlassung der kaiser- 
lichen Gewalt an einen anderen Bundesfürsten oder andere Persönlichkeiten eine 
Zerstörung des kunstvollen Verfassungsgebäudes und einen revolutionären Bruch 
des bestehenden Rechts bedeutet hätte". (Richard Thoma, Der Throrverzicht 
des Kaisers, „Frankfurter Zeitung“ vom 21. August 1919.) 
1 Es wäre ganz undenkbar gewesen, daß die alten Beamten und Offiziere sich 
der neuen Regierung zur Verfügung gestellt hätten, wenn der Prinz ihr nicht 
einen Rest von Legitimität gegeben hätte. Er, Simons, hätte es nur deshalb über- 
sich gebracht. (Außerung von Simons nach dem Kriege.) 
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