und seine berechtigten Forderungen auf Selbstbestimmung durchzu-
setzen. Diese Aufgabe kann sie nur erfüllen, wenn alle Behörden und
Beamten in Stadt und Land ihr hilfreiche Hand leisten.
„Ich weiß, daß es vielen schwer werden wird, mit den neuen
Männern zu arbeiten, die das Reich zu leiten übernommen haben,
aber ich appelliere an ihre Liebe zu unserem Wolke. Ein
Versagen der Organisation in dieser schweren Stunde würde Deutsch-
land der Anarchie und dem schrecklichsten Elend ausliefern.
„Helft also mit mir dem Baterlande durch furchtlose und unver-
drossene Weiterarbeit, ein jeder auf seinem Dosten, bis
die Stunde der Ablösung gekommen ist.
Berlin den 9. November 1918.
Der Reichskanzler Ebert.“
Zwischen 5 und 6 Uhr ging ich zu Ebert, um Abschied von ihm zu
nehmen.
Ebert sagte zu mir: „Ich bitte Sie dringend zu bleiben.“
Ich fragte: „Zu welchem Zweck?“
Ebert: „Ich möchte, daß Sie als Reichsverweser bleiben.“
Diese Bitte war in den letzten Stunden von meinen früheren Mit-
arbeitern wiederholt an mich gerichtet worden. Ich erwiderte Herrn Ebert:
„Ich weiß, daß Sie im Gegriff sind, mit den Unabhängigen ein Ab-
kommen zu treffen, und mit den Anabhängigen kann ich nicht zusammen-
arbeiten.“
An der Tür wandte ich mich noch einmal zurück:
„Herr Ebert, ich lege Ihnen das Deutsche Reich ans Herzl!“
Er antwortete: „Ich habe zwei Söhne für dieses Reich verloren.“
Ich habe später die Frage oft erörtert und mir immer wieder selbst vor-
gelegt, ob ich die Monarchie hätte retten können, wenn ich am 9. November
die Reichsverweserschaft angenommen hätte. Ich habe immer mein un-
mittelbares Ge ühl bestätigt gefunden: Diesen Weg hätte ich gehen können,
wenn ich vom Kaiser zu seinem Stellvertreter ernannt worden wäre. Bei
der Durchführung eines Staatsstreichs wäre ich an meinem Gewissen ge-
scheitert.
643