Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

ist . . . Eigentlich brauchten wir nur auf die Erklärungen der deutschen 
Regierung hinzuweisen. Aber wir dürfen nicht verkennen, daß die 
Stellung unserer Heere in Feindesland es unseren Gegnern erleichtert, 
die Motive zu verfälschen, die uns seinerzeit zum Schwerte greifen 
ließen. Auch können wir nicht ableugnen, daß unter dem Einfluß der ge- 
rechten Erregung über unsere Feinde Stimmungen und Strömungen in 
Deutschland entstanden sind, die über die ersten Beweggründe der deut- 
schen Politik hinausgreifen und einen Nachekrieg fordern, der die De- 
mütigung aller unserer Feinde rings um uns in die Landkarte einzeichnen 
soll. Ich erinnere an die Eingabe der sechs Verbände, die ins Ausland 
gelangt ist und ohne Zweifel geeignet war, die Welt in Schrecken zu setzen. 
In der Tat, wären unsere siegreichen Heere von dem napoleonischen 
Erobererwillen geleitek, der in dieser Eingabe sich so freimütig gebärdet, 
so könnten wohl die gegnerischen, ja auch neutrale LQänder, sich in ihrer 
Sicherheit bedroht fühlen. Es sind in letzter Zeit besonnene Patrioten 
an die Regierung herangetreten und haben zwar nicht ihren Verdacht 
geäußert, es könnte die deutsche Regierung von jenen Welteroberungs- 
plänen beeinflußt werden, aber sie haben doch ihren Zweifel erkennen 
lassen, ob die kaiserliche Regierung nach ihren Kriegszielen heute noch 
berechtigt sei, zu erklären, daß der deutsche Krieg ein Verteidigungs- 
krieg ist. Können wir uns wundern, daß dieselben Zweifel auch aus 
neutralen Ländern immer wieder zu uns dringen? Ich habe daher dem 
Dräsidenten Wilson die folgenden Kriegsziele mitgeteilt: .“ 
Ich fragte nach den praktischen Resultaten, die von einer solchen Aktion 
erwartet würden. Die Antwort war: 
Ob die sich neu zusammenfindende Friedenspartei stark genug sein 
würde, Lloyd George zu stürzen oder ihn zur Amkehr zu bringen, das 
kann man von hier aus nicht im voraus bestimmen. Nur soviel ist sicher, 
sie würde als Machtfaktor in der Offentlichkeit handeln, und die englische 
Kriegsmaschine ist so delikat gebaut, daß sie eine patriotische Opposition 
gegen den Krieg auf die Dauer nicht würde aushalten können. Die ent. 
scheidende Wirkung aber wird die Entfremdung zwischen England und 
Amerika sein. Es gilt, den diplomatischen Wettkampf zu gewinnen: 
vor Wilson und der amerikanischen Offentlichkeit. Deutschland muß un- 
schuldig an der Fortsetzung des Krieges sein und erscheinen. Man ist in 
England in schwerer Sorge vor einer solchen Entwicklung. Es ist nicht 
allein Wilson, den man in seinen Interventionsabsichten zu kränken fürchtet. 
Besonnene Engländer sind sich beute dessen bewußt, daß hinter dem Präsi- 
denten der Hazifismus des amerikanischen Volkes steht, das ihn gewählt 
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