heit gegen die Nachrichten, die aus anderer Himmels gegend gebracht
werden. Wir aber führten einen Dreifrontenkrieg, auch politisch, und
es ginge nicht an, englische Friedensmöglichkeiten zu vernachlässigen,
weil man begründete Aussicht auf einen russischen Separatfrieden zu
haben glaube.
Die Anrempeleien der Rechtsparteien gegen das „dämliche“ Aus-
wärtige Amt seien ungerecht. Im Gegenteil, die Herren entwickelten
häufig einen schlauen und scharfen Geist bei der Entwirrung gegebener
schwieriger Situationen. Nur fehle ihnen die Phantasie, d. h. die
Fähigkeit, das nicht Sichtbare oder gar das Zukünftige als eine leben-
dige Wirklichkeit sich vor Augen zu stellen.
Kaum glaubliche Einzelheiten wurden mir mitgeteilt.
Als Rohrbach eine Denkschrift: „Die innerpolitische Situation in Eng-
land und ihre mögliche Beeinflussung durch Deutschland“ dem Amt vor-
gelegt hatte, erhielt er die Antwork: Ihr scheint wirklich zu glauben, daß
Lord Northeliffe England regiert. Als im Mai 1916 ein dirigierender
Diplomat im Auswärtigen Amt den englischen Lektor empfing, um sich
über Friedensmöglichkeiten zu unterhalten, da leugnete er, daß Eng-
lands Selbstachtung die Wiederherstellung der belgischen Souveränität
und Integrität fordere: „Sie irren sich; lesen Sie Asquiths Reden genau
nach; Sie werden finden, er spricht immer nur von der belgischen Souve-
ränität und nicht von der belgischen Integrität.“
Es feblte an der Sorgfalt in der Behandlung des öffentlichen Wortes.
Der englische Lektor war für die #bersetzung unserer Sussexnote mit
berangezogen worden. Da fand sich im deutschen Text die folgende merk-
würdige Fassung des entscheidenden Zugeständnisses:
Wir wollen keine Schiffe versenken, es sei denn nach Warnung, und
unter Rettung der Besatzung.
Auf die erstaunte Frage, warum wir mit dieser komplizierten Wen-
dung künstlich die Aufmerksamkeit auf den heikelsten Dunkt des U. Boot-
kreuzerkrieges lenkten, nämlich: die Unmöglichkeit, auf stürmischer See
die Sicherheit der Rettungsboote zu verbürgen, wurde die Antwort
erteilt: Die Marine verlangt diese Fassung. Erst hatte dagestanden:
„Nach Warnung und nach AMettung zu versenken.“ Oie Abersetzer
schlugen nun vor, eine bei früherer Geleg enheit von Bernstorff ge-
wählte harmlose Wendung zu gebrauchen: „Wir wollen die Handels-
schiffe nicht versenken ohne Warnung und ohne Nettung der Mann-
schaften.“ Sie stießen zunächst auf starren Widerstand, bis sie auf den
glücklichen Gedanken kamen, die Entscheidung von Simons anzurufen,
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