Einleikung.
8§ 1. Die historische Grundlage des Bundesrates.
I. Nach dem Wiener Kongreß, der das Sehnen des
deutschen Volkes nach staatlicher Einheit nicht erfüllte, 1) wurde
die folgende inhaltslose Ruhe durch das Jahr 1848 unter-
brochen. Die Bewegung, die entfacht durch die Pariser Februar-
revolution vom 24. Februar 1848 auch auf Deutschland über-
gegriffen hatte, veranlaßte den Frankfurter Bundestag die vom
Volke schon seit langem geforderte Reform der Bundesverfassung
in Angriff zu nehmen. Nachdem er zwecks Ausarbeitung einer
Verfassung eine Kommission von 17 Männern berufen hatte,
trat auf seine Veranlassung hin am 18. Mai 1848 die deutsche
konstituiernde Nationalversammlung in Frankfurt zusammen,
die am 28. März 1849 eine Verfassung des deutschen Reiches2)
beschloß. Diese Verfassung schloß sich eng an die staatsrecht-
lichen Einrichtungen in den Vereinigten Staaten von Nord-
amerika und der Schweiz an. Darnach sollte Deutschland
einen Bundesstaat mit einem erblichen Kaisertum an der Spitze
darstellen. Dem Kaiser als Exekutivinstanz sollte als Volks-
vertretung ein Reichstag, bestehend aus einem Staatenhause
(die Hälfte der 192 Mitglieder sollte von den Regierungen,
die andere Hälfte von den Einzellandtagen entsandt werdens)
1) Die Einigung Deutschlands im Deutschen Bunde war nach Bismarck
„bloß dem Wortlaute nach“ erfolgt, erst mit Aufrichtung des Norddeutschen
Bundes kam eine wirkliche Einigung „auch dem Geiste nach“ zustande.
(Bismarck im konstituierenden Norddeutschen Reichstage, Bezold 1, S. 736).
2) Rul. 1849, S. 101 f.
3) § 88 der Frankfurter Reichsverfassung. — Alle Mitglieder des
Staatenhanses, auch wenn sie von den Regierungen ernannt wurden, durften
nicht an Instruktionen gebunden werden (6 96 ebenda).
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