Full text: Der Geschäftsgang im Bundesrat.

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daß Verfassungsänderungen als abgelehnt gelten, wenn sie 
im Bundesrate 14 Stimmen gegen sich haben.ö51) Was hat 
diese Bestimmung bei der Stimmenverteilung im Bundesrate 
für Folgen! Preußen mit seinen 17 Stimmen sowie die ver- 
einigten Voten der drei mittelstaatlichen Königreiche Bayern, 
Sachsen und Württemberg mit zusammen 14 Stimmen haben 
die Möglichkeit, jede Verfassungsänderung zu verhindern. 5, 
Dieselbe Macht haben die süddeutschen Staaten Bayern, 
Württemberg, Baden und Hessen mit zusammen 16 Stimmen 
ebenso wie die Gesamtheit der Kleinstaaten, welche durch Zu- 
sammennschluß mit 17 Stimmen eine Majorisierung durch die 
größeren verhindern können. Anderseits braucht eine not- 
wendige oder doch von der Staatenmehrheit und dem Reichs- 
tage für notwendig gehaltene Verfassungsänderung das Wider- 
streben einzelner Staaten nicht zu fürchten. 65) Es ist von 
. —.J — 
60) Vgl. dagegen die positiven Bestimmungen in Art. 110 der hess. 
Verfassung vom 17. Dezember 1820. 
61) Vgl. denselben Grundsatz in § 16, Abs. 3 Geschäftsordnung für 
den Bundesrat. 
62) Staatsminister Delbrück im Reichstage am 8. Dezember 1870; 
Bezold III, S. 314. 
63) Viel schwieriger sind Verfassungsänderungen in der Schweiz und 
Union. In der Schweiz faßt zunächst die Bundesversammlung, bestehend 
aus dem National= und Ständerat einen verfassungsändernden Beschluß, 
der aber zu seiner Rechtsgültigkeit eines Sanktionsbeschlusses des ganzen 
Volkes der Kantone bedarf. Alle Beschlüsse werden mit absoluter Stimmen- 
mehrheit gefaßt. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika bedarf 
jede Verfassungsänderung eines Zweidrittelmehrheitsbeschlusses des Senates 
und Repräsentantenhauses, worauf er noch von Dreivierteln sämtlicher 
Staaten angenommen werden muß. Im Deutschen Bund konnte jeder 
Staat und jede Stimme eine Verfassungsänderung verhindern, nachdem 
ursprünglich Zweidrittelmehrheit hierfür genügt hatten. Dasselbe galt für 
die Aufnahme neuer Mitglieder und Religionssachen. Im Entwurf der 
Norddeutschen Bundesverfassung (Art. 7, Abs. 3: „Die Beschlußfassung im 
Bundesrat erfolgt mit einfacher Mehrheit, mit Ausnahme von Beschlüssen 
über Verfassungsänderungen, welche zweidrittel der Stimmen erfordern.“ 
Drucks. des verfassungsber. Reichstags, S. 12. Der Abg. Lasker beantragte 
den zweiten Teil der genannten Vorschrift an den Schluß der Verfassung 
zu setzen, sodaß Art. 78 der Verfassung des Nordd. Bundes folgenden Wort- 
laut enthielt: „Veränderungen der Verfassung erfolgen im Wege der Gesetz- 
gebung; jedoch ist zu denselben im Bundesrate eine Mehrheit von Zwei-
	        
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