— 119 —
anderseits hat dadurch der Reichskanzler gegenüber dem Bundesrat
das alleinige Vermittlungsrecht mit dem Reichstage erhalten,
sodaß jener weder selbst noch durch einen anderen die betr.
Vorlagen dem Reichstage einbringen darf. 10)
II. Die aus dem Bundesrate im Reichstag eingebrachten
Vorlagen werden dort durch Mitglieder des Bundesrats oder
durch besondere Kommissarien vertreten. 1) Letztere sind Organe
des Bundesrates, die dieser zu diesem Zweck ernennt und
welche mit den Bundesratsbevollmächtigten weiter nichts ge-
meinsam haben. 1) Der Bundesrat ist bei ihrer Auswahl an
einen bestimmten Personenkreis nicht gebunden, sondern die
Reichsverfassung hat ihm hierin volle Wahlfreiheit gelassen.
III. Eine Ergänzung 19) des Art. 16 Reichsverfass. bringt
die Bestimmung, daß jedes Bundesratsmitglied 20) das Recht
16) v. Rönne, Staatsr., S. 212; Arndt, Staatsr., S. 179.
17) Art. 16 zweiter Halbsatz Reichsverfass. — Deren Tätigkeit läßt
sich näher dahin kennzeichnen, daß sie gemäß ihrer Instruktion über die
Vorlagen des Bundesrates Auskunft geben und sie begründen. Sie haben
demnach nicht die Ansicht einer einzelnen Regierung oder ihre eigene zu
vertreten. sondern diejenige der Gesamtheit, wie sie im Bundesratsbeschlusse
zum Ausdruck kommt. .
18) Es ist die herrschende Ansicht, daß die Kommissare nicht zu den
dern des Bundesrats gehören, was auch dem Wortlaut der Ver-
Mitglie » .
d Geschäftsordnung entspricht. A. A. Perels, Aut. Reichtagsr.,
fassung un
S. 92. ...
19) und zwar im Hinblick darauf, daß nicht nur die mit der Ver—
tretung betrauten. sondern alle Mitglieder des Bundesrats im Reichstage
das Wort zu ergreifen berechtigt sind.
20) Dies gilt auch für die elsaß-lothringischen Bevollmächtigten sowie
Reichskanzler in seiner Eigenschaft als Vertreter eines Bundes-
(vogl. Bismarck im Reichstage am 24. Jan. 1882, Sten. Ber., S. 892;
Hänel, Stud. II, S. 45), dagegen nicht ohne weiteres für die Stellvertreter,
soweit sie noch nicht an die Stelle der Hauptbevollmächtigten getreten sind,
da sie, wie oben erwähnt, nicht als Mitglieder des Bundesrates anzusehen
sind. A. A. Arndt, Komm., S: 121. Nach der Geschäftsordn. des Deutsch.
Reichstags vom 10. Febr. 1876, § 48 werden den Mitgliedern des Bundes-
rats in dieser Beziehung auch die zu ihrer Vertretung abgeordneten Kom-
missarien gleichgestellt. Die Befugnis im Reichstage das Wort zu ergreifen
haben nach demselben Paragraphen auch die Assistenten, falls die vorbe-
zeichneten Personen dies beantragen. Diese Vorschrift enthält eine Anzahl
Unstimmigkeiten. Es gibt keine Assistenten der Bundesratsmitglieder und
der zu deren Vertretung abgeordneten Kommissarien. Letztere existieren
für den
staates