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zur Abstimmung das Wort verlangen, wodurch jene aber wieder
als eröffnet gilt.“) Auch ihnen muß der Präsident das Wort
erteilt haben, ehe sie zu sprechen berechtigt sind.
3. Die Bundesratsmitglieder haben das Recht im Reichs-
tage zu erscheinen nicht nur für die Plenar-, sondern auch für-
die Kommissionssitzungen. Dies ist in § 29 S. 1 der Geschäfts-
ordn. des Reichstags noch ausdrücklich angegeben worden.2)
Sie haben weiter dieses Recht nicht nur für die öffentlichen,
sondern auch für die geheimen Reichstagssitzungen, die nach
§ 36 S. 2 der Geschäftsordn. f. d. Reichstag gestattet sind.
4. Die Bundesmitglieder unterstehen nicht dem Disziplinar-
recht (z. B. Ordnungsruf, Wortentziehung u. ähnl.) des Reichs-
tagspräsidenten;?) denn nach Art. 27 S. 2 Reichsverfass. regelt
der Reichstag nur die Disziplin seiner Mitglieder. Es ist aber
nicht einzusehen, weshalb der Präsident nicht Außerungen der
Bundesratsvertreter im Verhältnis von gleich zu gleich zurück-
in der Geschäftsordnung nicht. Wohl aber existieren natürliche, tatsächliche
Grenzen, und eine solche Grenze liegt darin, daß der Herr Bevollmächtigte
zum Bundesrat das Wort nicht nehmen kann, wenn ein Mitglied des Hauses-
das Wort hat. Das ist tatsächlich einfach unmöglich. — — — Es wird
das Wort auch nicht verlangt, und wenn es verlangt würde, vom Präsi-
denten momentan verweigert werden können, wenn durch die Rede des
Herrn Bevollmächtigten der Reichstag gehindert würde in der Ausübung
einer Tätigkeit, zu der er berufen ist, wenn er z. B. gehindert würde in
einer Abstimmung, die gerade im Gange ist.“ (Vgl. Perels, Aut. Reichs-
tagsr., S. 86 f.; Meyer, Lehrb., S. 452; Querfurth, S. 33; Dambitsch,
S. 261; Arndt, Staatsr., S. 151; Vogels, S. 36.) Sonst aber darf der
Reichstagspräsident den Bundesvertretern das Recht, „jederzeit“ das Wort:
zu ergreifen, nicht beschneiden. (Vgl. Sten. Ber. des Reichstags 1882/83,
S. 2515 f.) 1
20) Vgl. Fürst Bismarck im preuß. Abg.-Haus am 9. Februar 1866,
Sten. Ber., S. 118. ·
·27)§-48,Abs.1Gefchäftsord11.f.d.Reichstag. (gl. Perels, Aut.
Reichstagsr., S. 74.)
28) Bgl. hierzu die Ausführungen des Staatssekretärs des Reichs-
schatzamts Frhr. v. Stengel im Reichstage am 7. Dezember 1906.
29) Derselben Ansicht ist die staatsrechtliche Literatur. Vgl. z. B.
sön Staatsr., S. 288; Schulze, Lehrb. II, S. 87; Zorn, Staatsr. I,
Meyer b#ehro, SSicaer= 151; Perels, Ant. Reichstagsr. S. 90;
" * ; v. Seydel, Komm., S. 208.