Full text: Der Geschäftsgang im Bundesrat.

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als oberste, vornehmste die Landesherren, in den Hansestädten 
die Senate, die daher auch als Kontrahenten aufgeführt sind. 
Diese handeln aber nicht für sich, sondern als Organe ihres 
Staates oder vielmehr der Staat handelt durch sie, und er 
allein wird dadurch berechtigt und verpflichtet.“) Auch kann 
man die Staatsoberhäupter den Staaten selbst nicht derartig 
gegenüberstellen, sondern sie sind Organe und damit Teile ihrer 
Staaten und durch seine Organe handelt der Organismus, in 
diesem Falle der Staat. Sonach sind die Mitglieder des 
Bundes die Einzelstaaten und nicht die Monarchen und Senate. 
Praktisch ist die Frage bedeutungslos, da, wie Jellinek ) 
sagt, die Rechte der Regierungen solche der Staaten wären; 
es gebe keine besonderen Rechte der Regierungen, deren Subjetkt 
nicht der Staat ist. Man kann mit Seydel 55) sagen: „In der 
Tat bewegt sich der Streit, ob die Herrscher oder die Staaten 
Mitglieder des Vundes seien, abgesehen von seiner positiv- 
rechtlichen Erledigung, nur um Worte."“ 
. Nach dem eben Ausgeführten haben nur Staaten einen 
Platz im Bundesrate; anderseits muß aber auch jeder Staat 
darin vertreten sein, sodaß eine Entziehung dieses Mitgliedschafts- 
rechts als unmöglich erscheint, 56) weil jedes Bundesglied an der 
Bildung des Staatswillens beteiligt sein muß, wenn das Reich 
seinen bundesstaatlichen Charakter behalten und der Gedanke 
der Gleichberechtigung aller Einzelstaaten, auf dem der Aufbau 
des Reichs beruht, bestehen bleiben sollen. 57) 
  
52) Die Streitfrage, ob noch von vertragsschließenden Kontrahenten 
gesprochen und die Reichsverfassung als ein Vertrag angesehen werden 
kann, soll hier unerörtert bleiben. 
53) Westphal. S. 82; M. Müller, S. 42. 
54) Jellinek, S. 287. 
55) v. Seydel, Jahrb. III, S. 274. 
56) Art. 6, Abs. 2 Reichsverf.: „Jedes Mitglied des Bundes kann 
Bevollmächtigte zum Bundesrat ernennen.“ % 
57) Auch eine Vermehrung der durch Art. 6, Abs. 1 einem Bundes- 
staate zugeteilten Stimmenzahl kann ohne Zustimmung der andern Bundes- 
glieder nicht herbeigeführt werden, weil hierdurch auch die Bedentung aller 
andern Stimmen im Verhältnis zur Gesamtzahl herabgemindert würde. 
(Ebenso Laband, in Hirths Annalen VII, S. 1511; Loening, ebenda VIII, 
S. 370; v. Rönne, Staatsr., S. 200.)
	        
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