Full text: Der Geschäftsgang im Bundesrat.

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die Verfassung stillschweigend voraussetzt, der Reichskanzler 
selbst auch Bundesratsmitglied sein muß.“) Und da der Bundes— 
rat nur aus den Vertretern der Mitglieder des Bundes be— 
steht,) so muß auch der Reichskanzler Bevollmächtigter eines 
Bundesgliedes sein. In dieser Eigenschaft steht er also den 
andern Bundesratsbevollmächtigten gleich, ist also an die In- 
struktionen seines Herrn gebunden und für deren Einhaltung 
verantwortlich.) 
b. Daß der Reichskanzler zugleich auch preußisches Bundes- 
ratsmitglied sein müßte, geht aus den Worten der Berfassung 
nicht hervor, da sie den Vorsitz dem Reichskanzler zuschreibt 
und nicht den preußischen Vertreter. 10) Dieses Erfordernis 
müßte also schon auf indirektem Wege, aus dem Aufbau des 
deutschen Reiches oder der Entwicklungsgeschichte der Insti- 
tutionen des Reichskanzlers und des Bundesratsvorsitzes ge- 
schlossen werden. . 
al. Laband u) konstruiert folgendermaßen: „Der Kaiser 
als solcher kann keine Bundesratsmitglieder ernennen, sondern 
nur der König von Preußen, der Reichskanzler aber muß zu- 
folge Art. 15 Mitglied des Bundesrates sein, und zwar ein 
vom Kaiser ernanntes, woraus sich von selbst ergibt, daß der 
Reichskanzler immer zu den vom Kaiser als König von Preußen 
ernannten Bevollmächtigten gehören muß, oder mit andern 
Worten, daß der Reichskanzler immer zugleich anch der Bevoll- 
mächtigte des preußischen Staates ist“ 12) und „der Vorsitz im 
7) Es läßt sich hier auch die Folgerung Zorns anführen, der von einer 
Inkonsequenz spricht, die sich aus Art. 9 ergeben würde, da hiernach nur 
Mitglieder des Bundesrates im Reichstage erscheinen und fprechen dürfen. 
8) Art. 6, Abs. 1 Reichsverfassung. 
9) Vgl. Bismarck im verfassungsber. Reichstage 1867, Sten. Ber., 
S. 376 und 393, im Nordd. Reichstage 1869, Sten. Ber., S. 401 f. — Es 
ist die Ansicht vertreten worden, daß der Reichskanzler keiner besonderen 
Vollmacht bedürfe, zu dieser Annahme ist jedoch kein hinreichender Grund 
vorhanden. 
10) Auch Laband, Staatsr., I, S. 278 sagt: „Die Reichsverfassung 
knüpft den Vorsitz im Bundesrate nicht an die Eigenschaft, preußischer 
Bevollmächtigter zu sein, sondern an die Eigenschaft, Reichskanzler zu sein.“ 
11) Laband, Staatsr. I. S. 278, 238, Reichsstaatsr. S. 69. 
12) Dieselbe Ansicht hat v. Seydel im Jahrb. III, S. 293: „Nach 
diesem (Absatz 2) ist der den Vorsitz im Bundesrate führende Reichskanzler 
 
	        
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