Full text: Der Geschäftsgang im Bundesrat.

h. Auch wenn der Reichskanzler sich im Vorsitze vertreten 
läßt, hat er oder sein Generalvertreter die Bundesratsbeschlüsse 
bekanntzumachen,%) was auch in der Praxis geschieht. 
§ 5. Die Bevollmächtigten zum Bundesrate. 
I. „Der Bundesrat besteht aus den Vertretern der Mit- 
glieder des Bundes.“ 1) An anderer Stelle werden die Bundes- 
ratsvertreter als „Bevollmächtigte"?) und als „Mitglieder des 
Bundesrates“) bezeichnet. Alle diese Ausdrücke bedenten das- 
selbe, trotzdem Kliemke") einen Unterschied der Begriffe „Ver- 
treter“ und „Bevollmächtigte“ hat konstruieren wollen. Er ver- 
steht unter „Vertreter“ nur die stimmführenden Bevollmächtigten. 
Diese Auffassung steht aber mit Art. 6 Abs. 1 der Reichsverf. 
im Widerspruch. Es heißt hier: „Der Bundesrat besteht aus 
den Vertretern — — —.“ Den Sinn aber dem Artikel zu- 
zulegen, als ob der Bundesrat nur aus den stimmführenden 
Bevollmächtigten bestehe, ist nicht wohl möglich. Ferner kann 
aber auch kein hinreichender Grund angegeben werden, weshalb 
nisters v. Pfretzschner, der sich dahin aussprach, wenn in Zweifel gezogen 
werde, ob bei § 4 St. V. Ges. mit der Aufrechterhaltung der Bestimmung 
des Art. 15 hinsichtlich des Vorsitzes im Bundesrate der Zweck ins Auge 
gefaßt sei, die Bestimmung des Schlußprotokolls zum Versailler Vertrage 
außer Wirksamkeit zu setzen, kraft welcher Bayern bei Verhinderung Preußens 
den Vorsitz im Bundesrat zu beanspruchen habe, so müsse er erklären, daß 
eine solche Interpretation des Paragraphen ihm ganz undenkbar sei; denn 
wenn man einen Paragraphen der Verfassung aufrechterhalte, so erhalte 
man auch alles aufrecht, was als Ergänzung dieses Paragraphen in einem 
anderen Akt supplementarisch festgestellt sei: „Mir ist ein Zweifel an der 
Richtigkeit der Auffassung, die der bayerische Minister soeben ausgesprochen 
hat, niemals beigefallen." 
69) Vgll. Smend in Hirths Annalen 1900, S. 326; Laband im Arch. 
für öff. Recht, Bd. 18, S. 366, Anm. 25. 
1) Art. 6, Abs. 1 Reichsverf. — Vgl. Vogels; M. Müller; Quer- 
furth; Seydel, Jahrb. III, S. 273 f.; Laband in Stengels Wörterbuch des 
d. Verwalt. Rechts I, S. 248 f.; Staatsr. I, S. 242 f.; Arndt, Staatsr., 
S. 88 f.; Anschütz, Enz., S. 540; v. Jagemann, S. 80 f. 
2) Art. 6, Abs. 2; Art. 8, Abs. 3 Reichsverf. 
3) Art. 9, 10, 15, Abs. 2, 16 Reichsverf. 
4) Kliemke, S. 17. A. A. Laband, Staatsr. I, S. 243, A. 1; v. Seydel, 
Komm., S. 131; Dambitsch, S. 210; Schulze, Lehrb. II, S. 50; Vogels, S. 8.
	        
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