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können diese durch einen Bevollmächtigten abgegeben werden,
ja sogar der Bevollmächtigte eines anderen Staates kann zu
diesem Zwecke substituiert werden. Nur sollte durch die Möglich-
keit der Entsendung mehrerer Bevollmächtigten den gröszeren
Staaten anheim gegeben werden, für die verschiedenen Ver-
handlungsmaterien die geeignetsten und sachverständigsten Per-
sonen auszuwählen. Auch mußte auf eine ausreichende Besetzung
der Bundesratsausschlüsse Bedacht genommen werden.%) Es
sollte dieses Recht aber nicht in der Weise ausgedehnt werden
können, daß d dadurch die Erledigung der Geschäfte verzögert
oder sonst beeinträchtigt würde. 1.)
Dagegen hat es jeder Einzelstaat in der Hand, eine unbe-
schränkte Anzahl von Stellvertretern der Bevollmächtigten zum
Bundesrate zu ernennen. 12) Auch hierdurch wird das Stimmen-
verhältnis im Bundesrate nicht berührt, noch erwachsen dem
Reiche dadurch irgendwelche Kosten, da weder die Bevoll-
mächtigten noch ihre Stellvertreter von Reichs wegen eine Be-
soldung beziehen. Da die Anzahl der stellvertretenden Bevoll-
mächtigten rechtlich unbeschränkt ist, so haben die Einzelstaaten
davon einen ausgedehnten Gebrauch gemacht, und so war ihre
Zahl von 8 im Jahre 1872 im Jahre 1907 schon auf 88 ange-
wachsen; also weit mehr, als die Höchstzahl der Bevollmächtigten
auf Grund der Verfassung beträgt. 1)
III. Die aus dem Wesen des Bundesrates abgeleitete staats-
rechtliche Stellung der Bundesratsmitglieder ist eine doppelte.
Es ist zu scheiden zwischen dem Verhältnis gegenüber der Re-
gierung des Absendestaates und dem zum Reiche und den anderen
10) v. Seydel, Komm., S. 134; Dambitsch, S. 203.
11) In Wirklichkeit ist, wie eben bemerkt, die Zahl der Bevollmäch=
tigten, die an den Sitzungen nach Angabe der Bundesprotokolle teilnehmen,
viel kleiner als die Stimmenzahl der Einzelstaaten, was für die Abstim-
mung nichts ausmacht, während es für die Beratungen eine den betr.
Staaten nachteilige Wirkung ausüben kann.
12) § 1, 2, 4 Geschäftsordn. f. d. Bundesrat. — Vgl. Perels, Stellv.
Bevollm. zum Bundesrat; v. Jagemann, S. 83; Laband, Staatsr. I,
S. 245 f.; Zorn, Staatsr. I, S. 154; v. Seydel, Komm. S. 134; Proebst
zu Art. 6, A. 4, S. 61.
13) Perels, a. a. O., S. 279.