Full text: Der Geschäftsgang im Bundesrat.

§ 7. Die Stimmenverteilung im Bundesrat. 
Anders als in der Union und der schweizerischen Eid- 
genossenschaft, wo jeder Staat, der kleinste wie auch der größte, 
die gleiche Stimmenzahl bei der Gesamtregierung führt, ist 
nach Art. 6 Abs. 1 Reichsverfass. eine Abstufung erfolgt, da 
bei der großen Verschiedenheit der deutschen Einzelstaaten an 
Macht und Größe eine wenigstens annähernde Berücksichtigung 
dieser tatsächlichen Verhältnisse geboten erscheinen ließ.) 
I. Die Stimmenverteilung im Bundesrat steht nicht genau 
mit der Einwohnerzahl?) oder dem Gebietsumfang der Einzel- 
staaten in Ubereinstimmung, sondern ist ein Produkt der histo- 
rischen 3) und politischen Verhältnisse. Der geschichtliche Zu- 
sammenhang zeigt sich noch klar in der Verfassung des Nord- 
deutschen Bundes und in der mit Baden, Hessen und Württem- 
berg vereinbarten Deutschen Bundesverfassung, wo ausdrücklich 
auf die Bestimmungen für das Plenum des früheren Deutschen 
Bundestages hingewiesen wird. Es hieß nämlich dort anstelle 
der Worte „unter welchen die Stimmführung sich in der Weise 
verteilt",“) folgendermaßen: „unter welchen die Stimmführung 
sich nach Maßgabe der Vorschriften für das Plenum des ehe- 
maligen Deutschen Bundes verteilt.“5) Zu dieser Fassung be- 
  
1) Außerdem sind zum Ausgleich einigen Staaten Sonderrechte ein- 
geräumt worden. « 
2) Diese ist so wenig berücksichtigt, daß z. B. zahlenmäßig Sachsen 
entsprechend seiner Bevölkerungsziffer ungefähr 100 Stimmen anstatt deren 
4 führen müßte. So hat weiter Hamburg gegenüber Schwerin mit seinen 
2 Stimmen nur eine Stimme, trotzdem seine Einwohnerzahl größer ist. 
Dasselbe Mißverhältnis besteht bei den übrigen Bundesgliedern. So geht 
auch bei den Staaten mit nur einer Stimme der Umnterschied bis zum zehn- 
fachen. Im allgemeinen kann man mit v. Mohl, S. 245 von einem um- 
gekehrten Verhältnuis der Stimmenzahl zu den Machtbestandteilen sehr wohl 
sprechen. 
3) Es besteht hier eine Meinungsverschiedenheit zwischen Seydel, 
Jahrb. III, S. 281 f., v. Rönne, Staatsr. S. 199, Loening in Hirths An- 
nalen 1875, S. 367 f. und Laband, Staatsr. I, S. 132, in Hirths Annalen 
1874, S. 1510, ob hier nur ein historisches Motiv oder aber ein Rechts- 
grundsatz für vorliegend zu erachten ist. 
4) Art. 6, Abs. 1 Reichsverfassung. 
5) Auf dem Frankfurter Bundestag hatten Österreich und die fünf 
Königreiche Preußen, Sachsen, Bayern, Hannover und Württemberg je 4,
	        
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