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ein kaiserlicher Beamter ist, der im Sinne des Kaisers und
damit Preußens Politik treiben wird und der Kaiser die
Stimmen Elsaß-Lothringens nieht in einem andern Sinne wie
als König von Preußen abgeben lassen wird. Dies sollte
aber gerade durch die lbertragung des Ernennungs= und In-
struktionsrechts an den Statthalter vermieden werden, aber
ohne Erfolg. Im übrigen ist durch die einschränkende Be-
stimmung des Art. 6a Reichsverfass. die Wirkung der reichs-
ländischen Bundesratsstimmen fast ganz aufgehoben.
2. Der Art. 6a Reichsverfass. ist in Kraft seit 1. Septem-
ber 1911.2„) Laband?5) neunt ihn mit Recht „prinzipwidrig
und unlogisch“, jedoch entspricht er jedenfalls den praktischen
Bedürfnissen, die durch theoretische Bedenken nicht beeinträchtigt
werden dürfen. Veränderungen des Art. Ga Reichsverfass. er-
folgen durch verfassungsänderndes Reichsgesetz im Wege des
Art. 78 Abs. 1.30)
3. Elsaß-Lothringen ist auch durch das Gesetz von 1911
kein Bundesstaat geworden; 31) es gilt nach Art. 6a Abs. 3 22)
nur in bestimmten Fällen als Bundesstaat, dagegen hat es
aber weder Mitgliedschafts- noch Sonderrechte. 3)
IV. Der Atzessionsvertrag vom 18. Juli 1867, den
die Fürstentümer Waldeck und Pyrmont aus finanziellen Rück-
sichten mit Preußen abschlossen, hat dem Fürsten von Waldeck
nicht das Recht entzogen, einen Bevollmächtigten zum Bundes-
rate zu entsenden und zu instruieren 35) Gemäß diesem Staats-
vertrage hat Preußen vom 1. Januar 1868 ab auf 10 Jahre
28) R. G. Bl. 1911, S. 885.
29) Laband, Staatsr. II, S. 235f. A. A. Arndt, Komm., S. 105.
30) Nicht des Abs. 2.
31) A. A. der frühere Staatssekretär Graf= Posadowsky. Dagegen
sagt Laband: „Elsaß-Lothringen war zu keiner Zeit ein Staat.“
32) Vgl. dazu Art. 5 EGBGB.
33) Vgl. Arndt, Staatsr. S. 70, Komm. S. 105; Laband, Staatsr. II,
S. 235 f.; Bruck in Hirths Annalen 1911, S. 793.
34) Preuß. G. S. 1868, S. 1.
35) Ebenso Arndt, Staatsr., S. 70, 90; Dambitsch, S. 201 f., 208.
Vgl. die Erklärungen des Fürsten Bismarck in der Sitzung des preußischen
Abgeordnetenhauses vom 11. Dez. 1867, Sten. Ber., S. 336—339, 341
und 344.