Full text: Der Geschäftsgang im Bundesrat.

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gegenüber, weil es sich hier um einen wichtigen Teil der 
Regierungstätigkeit handelt, der mit entsprechender Sorgfalt 
wahrzunehmen ist. 
§ 9. Vorverhandlungen. 
Ehe auf die Konstituierung des Bundesrates und die 
Geschäftserledigung in den Sitzungen selbst näher eingegangen 
wird, ist es notwendig, einer Einrichtung zu gedenken, welche 
durch die Verfassung nicht sichtbar gemacht worden ist, das ist 
die Einrichtung von Gesandtschaften zwischen den Deutschen 
Bundesstaaten. Diese scheinen dem bundesstaatlichen Charakter 
des Deutschen Reiches zu widersprechen, und sind als ein 
Uberbleibsel der Ehrenrechte der Landesherren zu betrachten. 
Diese Gesandtschaften haben nun nicht nur die gegenseitigen 
Interessen der Höfe und der dynastischen Familienbeziehungen 
wahrzunehmen, sondern sie haben heute, weshalb sie auch hier 
erwähnt werden, eine staatsrechtlich bedeutsame Stellung insofern 
erhalten, als sie die Beziehungen zwischen Kaiser und Reichs- 
kanzler einerseits und den Regierungen der Bundesstaaten 
anderseits unterhalten. Jene wirken durch ihre preußischen 
Gesandten besonders auf die Abstimmung im Bundesrate ein. 
Hierdurch wird es ermöglicht, daß die Bundesratsverhandlungen 
und -beschlußfassungen zu einer Formsache werden, indem die 
wirkliche Einigung der Bundesstaaten vor den Verhandlungen 
im Bundesrate liegt.!) Dabei wird auch eine Majorisierung 
eines Teiles der Bundesglieder vermieden. Diese Vor- 
verhandlungen empfehlen sich auch schon aus dem Grunde, 
weil einerseits Arbeitsersparnis damit verbunden ist, da eine 
Einigung oder Nichteinigung über einen Gesetzesentwurf schon 
vor seiner Ausarbeitung zustandekommt, ehe er vielleicht mehr- 
mals abgeändert worden ist und später doch abgelehnt wird. 
Anderseits muß man aber sagen, daß solche vorbereitenden 
Verhandlungen schon durch die Art ihrer Erledigung durch 
Schriftwechsel und diplomatischen Verkehr zwischen den Einzel- 
regierungen, wobei dazu noch die endgültige Stellungnahme 
  
1) Vgl. Laband, Der Bundesrat in der Jur. Zeit. 1911, Nr. 1, 
Sp. 3—5; Dambitsch, S. 211; Roesler, S. 18. 
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