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mißlangen die Versuche. Es ist nun möglich, daß Ihr
Herr Sohn, in dem heldenmütigen Bestreben, zu helfen,
trotz seiner Verwundung durch die Brandung geschwommen
und dort den Heldentod gestorben ist. Es würde ganz dem
großartigen Charakterbilde entsprechen, das Sie von ihm
gegeben haben.“
Die letzte Nacht auf der „Emden“ hat auch ein Augen-
zeuge und Mitkämpfer, Leutnant Maxim Hauschild, nach
den Originalberichten in „Uber Land und Meer“ behandelt:
„... Sämtliche Munition war verschossen, der Rest
in die Luft gegangen. In Gemeinschaft mit den unver-
wundeten Kameraden suchten wir nun die Trümmer nach
den Verletzten ab.
wurde denn was er leistete in dieser Nacht, ging ins
Ubermenschliche, und die Folgen konnten denn auch
nicht ausbleiben.
Ungefähr noch 20 Faden vom Ufer entfernt, verließen
den Tapferen die Kräfte, und er sank unter; schnell waren
wir zur Stelle und halfen ihm hinüber zum Strand, was
uns auch nach einigen vergeblichen Versuchen endlich gelang.
Wir betteten den Doktor auf den weichen Sand des
Strandes, sein Zustand ließ leider das Schlimmste be-
fürchten, er hatte sich doch zu viel zugemutet.
Leider verlor der andere Teil unserer Schwimmexpedition
die Leine dadurch, daß sie an den spitzen, vorstehenden
* Felsen hängen blieb
Doktor Ludwig
Schwabe, ein Sohn
des Leipziger Augen-
arztes Sanitätsrat Dr.
Schwabe, half, obgleich
selbst verwundet, beim
Rettungswerk in ge-
radezu heroischer Weise
mit und ließ sich trotz
unseres Protestes nicht
davon abbringen. Hin
und wieder lehnte er
sich unauffällig gegen
die Wand, um nicht
umzufallen, half aber
immer wacker mit. Auch
Kapitänleutnant Mül-
ler, von Pulderstaub
an Gesicht und Händen
gelb gebrannt, war bei
den Helfenden und or-
ganisierte ruhig wie
immer das Rettungs-
werk. So arbeiteten
wir stundenlang im
Dunkel der Nacht, um
unsern Kameraden zu
belfen und wenigstens
die augenblickliche Not
zu lindern. Das Vor-
schiff, wo auch eine
größere Anzahl Ver-
wundeter lag, konnten
und dort durchgescheu-
ert und zerschnitten
ins Wasser zurücksank
und dort weggespült
wurde; alle Versuche,
sie wieder zu errei-
chen, blieben vergeb-
lich. Die Leute er-
reichten nur noch mit
den um den Leib ge-
wickelten Enden müh-
sam das Ufer.
Inzwischen hatte
sich Doktor Schwabes
Zustand hoffnungslos
gestaltet; wir halfen,
so gut wir konnten, aber
kurz darauf schloß er
die Augen für immer.
Auf dem Sande der
Kokosinseln starb er an
Erschöpfung. Er hatte
im Laufe des letzten
Tages vielen Menschen
das Leben erhalten und
zahlte nun diese Auf-
opferung mit seinem
eigenen Leben.
Es wurde in der
in den Tropen eigen-
tümlichen Weise schnell
hell. Die Sonne ging
auf. In ihrem Strahle
wir nur mit Hilfe im-
PFrovisierter Bretter-
brücken erreichen.
Gegen zwei Uhr nachts ging uns das Trinkwasser aus.
Dieser Mangel machte sich fühlbar und wurde endlich so
drückend, daß wir auf Doktor Schwabes Vorschlag hin
den Versuch machen wollten, mit einer Leine an das zirka
150 Meter entfernte Ufer zu schwimmen. An der Leine
befestigt wollten wir dann ein schweres Tau herüberziehen
und so die Verbindung mit dem Lande herstellen.
Nur ein Eingeweihter kann verstehen, was das zu be-
deuten hat, inmitten der Nacht in tobender Brandung an
Land zu schwimmen, wenn es auch nur eine knappe Kabel-
länge entfernt war.
Trotz unseres wiederum energischen Protestes war Doktor
Schwabe einer der ersten, der ins Wasser sprang. Da wir
aber sahen, daß er um keinen Preis davon abzubringen
war, gaben wir unseren Widerstand auf.
Zwei Matrosen wickelten sich die Enden der Leinen um
den Leib, so sprangen wir ins Wasser und versuchten, die
Verbindung zwischen Schiff und Ufer herzustellen. Dabei
hatte ich immer ein wachsames Auge auf Dr. Schwabe,
dessen Zähigkeit und Energie von uns allen bewundert
Im Felde gezelchnet für „Sachsen In großer Zeil“ von Frihh Buchhol#
setzte der englische Pan-
zerkreuzer Schaluppen
und Barkassen aus.
So erwarteten fünf nackte lebende Menschen und ein
Toter den Feind. Der Tote war glücklich.“
In ferner Erde ruht der Held. Die Wellen des Welt-
meeres, und die linden Lüfte der Tropen raunen ihre Grüße
der weltenfernen Sachsenheimat zu, und nachts erglänzt
über seinem Grabe das Sternbild des südlichen Kreuzes
mit mildem Scheine. Künstlerhand hat jene ferne
Grabstätte für den Kreis seiner Angehörigen symbo-
lisch nachgebildet. Künstlerhand hat auch zu Füßen
des Leipziger Völkerschlachtdenkmals auf dem Leipziger
Südfriedhofe dem Arzte der „Emden“ ein Denkmal
errichtet.
Ein Emdenstipendium des Gymnasiums in Annaberg,
das Doktor Schwabe besuchte, erinnert alljährlich am Tage
der „Emden“ an den Tapferen. Und auch ein „Emden“=
Denkstein auf dem Pöhlberg bei Annaberg, gleichfalls von
dem Vater des Emdenkämpfero gestiftet. Auf Geiersdorfer
Flur ist aus erratischen Blöcken lose ein Hügel gefügt, eine
Sitzbank, von einer Fichtenschonung umgeben und von zwei
Eichen überragt. Wenn Schüler, sächsische Knaben und