Zwischen den Häusern des Dorfes Kusi, das uns von
unserer Seite des Flußufers aus den freien Blick über das
Gelände behinderte, befanden sich Verbindungsgänge, durch
Verhaue geschützt. Es galt nun, zu verhindern, daß der
Russe sich im Dorfe wieder festsetzte, weil vorläufig unsere
Vorpostenstellung am Flusse gehalten werden sollte. Das
Einfachste war also, das Dorf niederzubrennen! Freiwillig
meldeten sich, diesen Befehl auszuführen, drei 178er, dar-
unter auch Bassenge. Sie überschritten in gleicher Weise
wie die Russen den Fluß und näherten sich vorsichtig dem
etwa 1½ Kilometer entfernt liegenden Dorfe, welches rund
30 Häuser umfaßte. Sie begaben sich aus der Windrich-
tung kommend, zum ersten Hause, holten eine Streichholz-
schachtel aus der Tasche. Schon flammte das erste Hölz-
chen auf, doch das Stroh des überhängenden Daches
Lglimmte nur. Auch ein zweites vermochte das feuchte
Stroh nicht zum Feuerfangen zu bestimmen. Es wurde
nun vorsichtig auseinandergezogen und die Gesamtwirkung
des dritten Hölzchens war bei der guten Luft eine
außerordent-
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wolke ausstießen. Bald war das Dorf Kusi in Schutt
und Asche gesunken. —
Am 25. März l915 gegen 2 Uhr nachmittags beob-
achtete Leutnant Snay, wie die Nussen kompagnieweise in
RNichtung Kowno abzogen. Nach Meldung ans Bataillon
kam der Befehl, durch Patrounille festzustellen, weshalb und
wohin die Russen abrückten. Mittelst des Patentfahrzeuges
setzte die Patrouille von zwei Unteroffizieren und 23 Mann,
darunter acht 178er und zwar die Unteroffiziere Tannen-
berg, Schönherr und Schütze Bassenge, in großer Eile über
die Szeszuppe; drüben angekommen, gingen sie einzeln
beobachtend ein Stück vor, bis alles versammelt war.
Nun übernahm Unteroffizier Schönherr mit 13 Mann
sich linkshaltend mehr nach Norden zu die Aufklärung,
über Wiesen und Felder hinweg, während Unteroffizier
Tannenberg mit den übrigen 10 Mann, darunter Bassenge,
in Richtung auf das niedergebrannte Dorf Kusi aus-
schwärmten. Sie drangen, vorsichtig Umm= und Ausschau
haltend, bis zur Kownoer Kunststraße vor, verharrten
- dort eine ge-
liche. Wie ein
Eichkätzchen
am Stamme
emporhuscht,
so flatterte
der rote Hahn
über das
Dach hin und
im Nu war
das Dach ein
Feuermeer.
Schon be-
gann es zu
knistern und
in den Bal-
ken zu kra-
chen, als die
drei 178er
mit halbge-
wandtem
Gesicht einen
Quersparren
des Dachro-
stes, auf dem
das Strohge-
lagert wird, herausrissen und mit diesem flackernden
Sparren rechts und links die Dorfstraße entlang eilten.
Sekundenlang den Sparren unter die Dachtraufe, oder
hinein in das Stroh gestoßen, und nachjagt, vom Winde
angefacht, das Feuer den Landsern, sie in Rauch und
Funkengestiebe hüllend. Drei winzige Hölzer hatten das
Werk vollbracht!
Nun zum Fluß zurück, der im Laufe der Tage und
Wocher sein winterliches Eiskleid abzulegen im Begriff
war. Nicht Kahn noch Fähre trug die Unseren zum jen-
seitigen Ufer. Ein eigenartiges Floß, der Zeitumstände,
dem Erfindungsgeiste unserer Landser entsprungen, von der
Strömung getrieben unter Auonutzung eines Bogens im
Lauf des Flusses, das war das Verkehrsmittel. Zwei
mächtige Schweinsmulden, verbunden mittelst zweier Quer-
balken, ein zierlicher Ausleger und ein Steuermann, so
vermochten 3 Fahrgäste mit Hangen und Bangen übergesetzt
zu werden. Am andern Ufer angelangt, standen sie noch
lange und beobachteten das gleich der Brandung des Meeres
wechselvolle Spiel der Flammen, die plötzlich durch einen
Windstoß angefacht, himmelhoch emporloderten und sich
noch durch einen Funkenregen gleichsam verlängerten und
in die Ebene hinauszugreifen schienen, dann ruhiger bren-
nend sich auf ihren Herd zurückzogen, dabei eine Rauch-
Friedhof von Guignicourt
raume Zeit
und gingen,
nachdem sie
nichts Ver-
dächtiges be-
merkt hatten,
auf ein etwa
250 Meter
jenseits der
Straße lie-
gendes Gut
los. Nachdem
Tannenberg
einen Posten
in Richtung
des Feindes
ausgestellt,
versuchte er,
die Bewoh-
ner des Gu-
tes auszufor-
schen, indem
einer von den
Unsern letz-
tere polnisch
ansprach. Da nichts zu erfahren war, ließ sich die Schar
mit Milch und echt russischen, gut mundenden Zigaretten
mit langem Pappmundstück, von den Litauern bewirten.
Noch mit der schwierigen Verständigung beschäftigt,
hörten sie draußen einen Schuß fallen. Die Unseren auf
und hinaus. Der Posten erzählte, daß er in östlicher
Richtung vier auftauchende Kosaken gesichtet habe, auf
die er in etwa 400 Meter Entfernung einen Alarmschuß
löste. Diese hätten daraufhin sofort ihre Pferde herum-
gerissen, davongaloppiert und wären hinter der Bodenwelle
verschwunden. „Abrücken“ war hier das Beste. Kaum
hatten die Sachsen 30 Schritt den westlichen Ausgang
des Gutes hinter sich, erhielten sie, bei einer Baumreihe
angelangt, Feuer aus dem Gehöft. — Also doch versteckte
Russen im Gute, die unserseits trotz genauer Durchfor-
schung nicht gefunden worden waren. Sofort befahl Tan-
nenberg: Kehrt! Stellung! Schützenfeuer! Hinter
der Baumreihe ausspähend, gewahrten die Unseren im
Norden und Nordwesten des Gutes das Auftauchen ein-
zelner feindlicher Schützen, die sich schnell zu Linien ver-
dichteten. Die eine dieser Schützenlinie schob sich mit ihrem
linken Flügel an das Gut heran, die Schützen sprangen
einzeln über den Gutshof weg und gingen vor dem Gute
in Stellung. Während dieses Vorgehens hatten die Un-