Vorwort
Dir kriegsbereit zujubeln.“ ·
Mit diesen Worten schließt an jenem unvergeß-
lichen 2. August 1914 die Depesche des Königs Friedrich
Aug.ist an den Kaiser. Dies Treugelübde ist ein Denk-
stein in der Geschichte Sachsens, ein Markstein zu einer
anbrechenden, großen, opferreichen Zeit, der Orgelpunkt,
der Grundton, auf dem alle Harmonien — liebliche und
herbe, fröhliche und ernste, jubelnde und trauernde —
der größten Eroika, die je die Menschheit gehört hat, auf-
gebaut sind.
Und dann kam die Antwort:
„Daß Deine Sachsen, wie stete, sich Flänzend bewähren
E drängt mich, Dir zu sagen, daß meine Sachsen
werden, daran hege ich beinen Zweifel.
Das sind Sinnsprüche, die über „Sachsen in
großer Zeit“ stehen, doch nicht nur gewmwechselte
Worte allein, sondern auch die Verheißung von Taten,
die bald gesehen werden sollten. Der Kaiser schreibt an
den Führer der III. Armee Generaloberst Freiherrn von
Hausen: „Seit Beginn des Krieges hat die dritte Armee
durch anstrengende Märsche und vieltägige, verlustreiche,
noch andauernde Kämpfe mit feindlichen Truppen und
verräterischen Landeseinwohnern große Erfolge erreicht und
es allen anderen Armeen an Ausdauer und Tafpferkeit
gleich getan. Es ist mir ein Herzensbedürfnis, Ihnen
und Ihren braven Truppen Meine höchste Anerkennung
und Meinen kaiserlichen Dank auszusprechen.“
Das war zu Anfang des Weltkrieges, und so ging'se
ruhmvoll weiter! "
Und noch ein Kaiserwort:
„Mitten unter den anderen deutschen Stämmen stehen
die Sachsen, Schulter an Schulter im blutigen Kampfe
gegen die Feinde des Vaterlandes — unerschütterlich! —
binter den Schlachtfeldern Hand in Hand bemüht, gemein-
sam die traurigen Folgen des Krieges zu lindern und aus-
zugleichen“: Mann und Weib, Greis und Kind.
Ihnen und all' ihren unvergleichlichen Leistungen sei
ein Erinnerungmal gesetzt, ein Denkmal des Vaterlandes:
„Sachsen in großer Zeit“.
Die Steine zu diesem deutschen Bau sind auf gar ver-
schiedenen Fluren gesammelt: auf blutgetränktem Schlacht-
felde, auf Stätten stillen Waltens der Hilfsbereitschaft,
Barmherzigkeit und Pflege, auf den Versuchsfeldern der
Wissenschaft und Technik, auf dem Boden der von der
Kriegsfurie — Gott sei's gelobt! — verschont gebliebenen
Heimat.
Große Schwierigbeiten waren zu überwinden, den ersten
Band noch während des Krieges herausgeben zu können,
aber noch größere Mühen und Opfer, den zweiten und
dritten Band in schmuckem Kleide und inhaltlich reich
und gehaltvoll in Zeiten der Teuerung, der schweren Not
und Enttäuschungen fertigzustellen. Aber es ist gelungen
und es ist festgehalten, was verlorenzugehen drohte im über-
schnellen Erleben der drängenden ereignisvollen Tage, um
auch künftigen Geschlechtern den Anteil der Sachsen am
Weltkriege zu überkommen — ein Spiegel, der die Bilder
sächsischer Taten und Sachsentreue zurückzustrahlen vermag
bis in späteste JZeiten, in Wort und Bild, eine wiürdige
Kriegserinnerung, die geeignet ist, sich von Kind auf
Kindeskinder zu vererben.
Das literarische Denkmal „Sachsen in großer
Zeit“ beginnt mit „Sachsen an allen Fronten“:
Einzeldarstellungen besonders wichtiger Erlebnisse, hervor-
ragenden Taten und Kampfhandlungen. Sie sind zu-
sammengetragen aus Briefen, Tagebüchern und Berichten
von Augenzeugen oder von Truppenteilen, aus den
Heeresberichten, unter Beihilfe des sächsischen Kriegs-
archivs und des Nachweisebüros des vormaligen säch-
sischen Kriegsministerums. „Sachsen in großer
Zeit“ fußt überall auf gewährleistet eimvandfreien Unter-
lagen. Die Darstellungen von Einzeltaten sind auf ihre
Nichtigkeit geprüft und Phantasiedarstellungen grundsätz-
lich vermieden worden.
Doch: „Hier stock' ich schon! wer hilft mir weiter fort7“,
denn welcheo ist das letzte Blatt, das zum Ruhmeskranze
gewunden werden möchte? Schier unendlich war die Fülle
des Stoffes, der zur Verfügung stand, und ungern legte
der Bearbeiter eine Tatenschilderung oder einen Brief an die
Lieben daheim beiseite — nur unter dem Druck der Fülle.
Und dann die Erlebnisse und Heldentaten, die bescheiden
unter den großen Ereignissen grünen, dem Moospflänzchen
vergleichbar, das selbst wundervoll gebildet und geformt im
Schatten der mächtigen, knorrigen Eiche wächst, aber eben
deshalb leicht übersehen wird. Wieviel Herrliches ist aus
Bescheidenheit des Erlebers der Menge unbekannt geblieben!
Wieviel Taten sind nicht zu Worte gekommen, da der
Tod den nd, der davon erzählen konnte, für immer
geschlossen. So ist's nur eine kleine Auslese, die geboten
wird, aber wie strahlende Lichter leuchten die Darstellungen,
die auch entlegene Winkelchen der großen Weltgeschichte zu
erhellen vermögen, im Westen — Osten, im Süden —
Norden, zu Land — zu Wasser, im Ather — im Minen=
stollen: allüberall Sachsen unter den anderen deutschen
Brüdern. Oft unsichtbar, aber allerwärts fühlbar das
Nauschen des Rautenbanners!
Alle werden bedacht: der Armeeführer mit seinen zahl-
reichen Helfern des Stabes — der „Landser“ auf einsamem
Posten. Alles soll gehört werden: das Getöse des höllischen
Trommelfeuers — der arbeitsame Spatenstich des „Schip-
pers“, das Hurra des Sturmangriffs — das Amen des
Feldgeistlichen am Grabe ded Helden.
Ein zweiter Abschnitt ist der Arbeit im Lande gewidmet:
„Sachsen daheim“. Fürwahr, kein gering einzu-
schätzendes Gebiet des Weltkrieges! „Über allem im Leben
steht die Frau “ Und so hat sie sich auch im Kriege
in einer bewunderungswürdigen Größe gezeigt: die barm-
herzige Samariterin im Lazarett und Erholungsheim, die
Pflügerin des Ackers, die Lenkerin der Rosse des Yost-
wagens, die Schaffnerin, die Arbeiterin der Geschoßfabrik,
die speisenbereitende Hausfrau in der Volksküche, die Be-
amtin — kurz: überall ersetzte sie im Lande braftvoll die
für den Schutz der Heimat draußen siehenden Männer.
Und dann die Wohlfahrts-Einrichtungen! In der Liebes-
tätigkeit des Noten Kreuzes — seiner Linderung der Kriego-
schrecken, seiner Sorge für die Gefangenen in Feindes=
land —, des Heimatdankes und der Kriegsorganisation
zeigte sich klar der eiserne Wille, gemeinsame Not gemein-
sam zu tragen, zu helfen, wo zu helfen ist, zu stützen, zu
trösten und damit den hoffnungsvollen Ausblick in bessere
Zeiten zu lenken.
Die vom Prinzen Johann Georg ins Leben gerufene
Versorgung der Truppen mit Lesestoff und die Zeitschrift
„Sachsen #m Feld und in der Heimat“, die liebevolle Pflege
Verwundeter und Genesender in Vereinslazaretten und Er-
bolungsheimen, die Krankenbeförderung, die stille Arbeit im
Nachweisbureau des ehemaligen Kriegoministeriums, im
Kriegsarchiv, um Armeemuseum — das alles findet ein-
gebende Würdigung. Noch behandelt der zweite Abschnitt:
die Gefangenenlager daheim, den Hilfsdienst, den trotz
der Kriegowirren nicht ruhenden Handel auf den Leipziger
Kriegsmessen, die Kriegsanleihen, die Lebensmittelämter,
die Verteilung der Nahrungsmittel, die Opfertage und end-
lich die Heldenhaine zur Ehrung der Gefallenen.